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Kamera und Leistung im Mittelpunkt: Was an das nova erinnert, gilt auch für das Mate 9. Denn wie schon zuletzt das Mittelklasse-Modell soll auch das neue Aushängeschild der Chinesen genug von allem bieten. Aber obwohl alles Wichtige neu ist, werden schnell Erinnerungen wach. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Schwestermodelle als auch die Philosophie, wie der erste kurze Test zeigt.
Dem Kenner dürfte zunächst auffallen, dass das Mate 9 kleiner als sein Vorgänger ausfällt. Brachte es das Mate 8 mit seinem 6 Zoll großen Display noch auf 157,1 x 80,6 x 7,9 mm, sind es nun 156,9 x 78,9 x 7,9 mm. Möglich wird die minimale Schrumpfkur durch das kleinere Panel – mit 5,9 Zoll ist der Unterschied aber nur marginal. Im Gegenzug legt das Smartphone beim Gewicht aber um 5 auf 190 g zu. An der Materialwahl liegt das aber nicht, auch beim Mate 9 dominiert Metall. Gering fallen auch die optischen Änderungen aus. Der Rahmen rings um das Display wirkt beim neuen Modell etwas dicker, insgesamt fällt das Design im positiven Sinne nüchtern aus; zumindest bis zum Blick auf die Rückseite.
Denn hier sticht eine der größten Änderungen direkt ins Auge.
Leica 2.0
Wie schon beim P9 - und somit anders als beim Mate 8 - setzt Huawei auch beim Mate 9 auf gleich zwei Kameras, erneut in Kooperation mit Leica entwickelt. Anders als beim kleineren Schwestermodell sind die hier aber weiter mittig angeordnet und bilden eine Linie mit dem ebenfalls wieder hinten untergebrachten Fingerabdrucksensor. Leider schließen die Kameras nicht bündig mit dem restlichen Gehäuse ab, was am Platzbedarf liegt. Der fällt größer als beim P9 aus, denn unverändert übernommen hat Huawei die Kameras nicht.
Zwar bietet der RGB-Sensor erneut 12 Megapixel, der zweite, auf Monochrom-Aufnahmen beschränkte Sensor, löst nun aber mit 20 Megapixeln auf. Das verspricht eine bessere Performance bei schlechten Lichtverhältnissen, aber auch detailliertere Tiefeninformationen. Auch deshalb spricht das Unternehmen von der 2. Generation der Dual-Kamera. Der Bokeh-Effekt ist beim Mate 9 deutlich ausgeprägter und feiner und kommt einer klassischen Systemkamera sehr viel näher. Mehr Qualität verspricht Huawei aber für alle Aufnahmen, sicherstellen soll das unter anderem ein optischer Bildstabilisator, den man nur für den 12-Megapixel-Sensor anbietet.
Geblieben ist bei Blende f2.2 für beide Optiken, eine Brennweite von jeweils 27 mm sowie einem Dual-LED-Blitz. Neu hinzugekommen ist der Phasen-Vergleichs-Fokus, womit nun insgesamt vier Messmethoden zur Verfügung stehen – das Scharfstellen soll somit schneller und zuverlässiger vonstattengehen. Anders als Apple beim iPhone 7 Plus spricht Huawei nicht von einem zweifachen optischen Zoom, sondern nur von einem „optischen Zoom-Effekt“, der qualitativ aber besser als beim Mitbewerber aus Kalifornien ausfallen soll. Übertrumpfen will man den aber auch bei Portrait-Aufnahmen, hier spricht man selbstbewusst vom besten Handy für solche Zwecke.
Auf der Front kommt erneut ein 8-Megapixel-Sensor zum Einsatz, die Kamera-Applikation wurde nur leicht überarbeitet und bietet unter anderem den schon beim P9 überzeugenden Pro-Modus. Leider gibt es ebenso wie dort auch beim Mate 9 wieder keine HDR-Automatik, dafür jedoch einen 4K-Modus für Videos – das nova lässt grüßen. Allerdings könnte der Probleme bereiten. Denn aufgezeichnet wird im HEVC-Standard, ausgerechnet den unterstützt YouTube derzeit aber noch nicht. Vor dem Upload dürfte dementsprechend eine Konvertierung fällig werden.
Nur Apple erreicht man nicht
Die zweite große Veränderung betrifft den SoC. Hier setzt Huawei wie erwartet auf den bereits vor einigen Tagen vorgestellten Kirin 960, der vor allem in puncto GPU-Leistung einen großen Schritt nach vorne machen soll. Gegenüber dem Kirin 950 des Mate 8 und P9 soll das Plus der neuen Mali G71 MP8 bei 180 % liegen, lediglich Apples A10 soll in dieser Disziplin noch schneller sein. Der CPU-Part soll hingegen lediglich 10 bis 18 % flotter sein, was ebenfalls für zahlreiche Top- und Spitzenpositionen in Benchmarks sorgen soll. Unter anderem starten zahlreiche populäre Applikationen auf dem Mate 9 schneller als bei der Konkurrenz, so Huawei.
Möglich wird das durch den Einsatz von vier Cortex-A73-Kernen, die bis zu 2,4 GHz erreichen und die A72-Kerne mit ihren 2,3 GHz ablösen. An den vier A53-Kernen des Vorgängers hält man fest, auch an deren Maximaltakt von 1,8 GHz. Im Detail wurde der Kirin 960 im Vergleich zum Kirin 950 aber auch an zahlreichen anderen Stellen überarbeitet, beispielsweise wird jetzt Speicher vom Typ UFS 2.1 unterstützt, was in weitaus höheren Übertragungsraten als bislang münden soll. Neu sind ein verbesserter HiFi-Chip, ein nun direkt in den SoC integrierter ISP, auf dessen Konto unter anderem der verbesserter Bokeh-Effekt geht, sowie ein sogenanntes Secure Element, das beim drahtlosen Zahlen per Smartphone wichtig ist. Das neue Sensor-Hub i6 soll darüber hinaus für einen geringeren Energiebedarf beim Nutzen von GPS und anderen Sensoren sorgen.
Mit dem integrierten LTE-Modem unterstützt das Mate 9 alle relevanten Netze und Frequenzen und erreicht maximal Cat 12, für den deutschen Markt bewirbt man allerdings lediglich Cat 9 -–mehr bieten die hiesigen Netze nicht. Weitere Schnittstellen sind ac-WLAN, Bluetooth 4.1 und NFC, auch an einen Infrarot-Sender hat man gedacht. Für Kabelnutzer und zum Laden steht eine Typ-C-Buchse bereit, dahinter steckt allerdings wieder nur USB 2.0. Während das Übertragen von Daten somit länger dauert, soll das Laden des 4.000 mAh fassenden Akkus schnell erledigt sein - für eine volle Ladung werden laut Datenblatt nur 90 Minuten benötigt.
Schnelles Laden und viel Speicher
Denn in der Spitze liefert das Netzteil 22,5 W (5 V, 4,5 A). Ein ausgeklügeltes Überwachungssystem soll dafür sorgen, dass es dennoch nicht zu Problemen durch zu hohe Temperaturen kommt. Eine Alternative zum Kabel gibt es erneut nicht, auf drahtloses Laden verzichtet man.
Weitere Punkte auf der Ausstattungsliste: Der RAM umfasst 4 GB vom Typ LPDDR4, der interne Speicher 64 GB, microSD-Karte und zweite SIM müssen sich den Platz teilen und je nach Ausrichtung des Smartphones übernimmt der zweite, am unteren Rand verbaute Lautsprecher unterschiedliche Aufgaben; im Portrait-Modus ist er für die tiefen Frequenzen zuständig, im Landscape-Modus soll er als Stereo-Lautsprecher arbeiten.
Während sich Huawei bezüglich Updates auf Android 7.0 für seine bereits verfügbaren Geräte noch in Schweigen hüllt, wird das Mate 9 ab Werk mit der aktuellen Version ausgeliefert. Wie üblich versteckt man das Betriebssystem unter der eigenen Oberfläche EMUI. Die kommt in der ebenfalls neuen Version 5.0 zum Einsatz und hebt sich in erster Linie optisch von der bisherigen Fassung ab. Das Design wirkt aufgeräumter, was auch am großflächigen Einsatz der Farbe Weiß liegt. Hier und da wurden Menüs überarbeitet, wodurch etwa 90 % aller Funktionen mit maximal drei Klicks erreichbar sein sollen. Am Umfang der Möglichkeiten wurde ebenfalls gearbeitet, die Änderungen fallen aber weniger umfangreich aus. Auffällig ist, dass EMUI 5.0 den vorhandenen Platz auf dem Display ausnutzt.
Das bietet übrigens erneut 1.920 x 1.080 Pixel auf IPS-Basis und kann in diesem Punkt nicht mit der Konkurrenz aus dem Hause Samsung mithalten. Die Farbdarstellung gefiel beim ersten Ausprobieren, die maximale Helligkeit hingegen nicht. Hier muss ein späterer Test aber belastbare Daten liefern.
Der erste Eindruck ist vielversprechend
Gleiches gilt natürlich auch für die Leistung sowie die Ausdauer. Die soll im Vergleich zum Mate 8 verbessert worden sein, was auch auf den SoC zurückgeführt wird. Verarbeitung und Haptik der verfügbaren Geräte waren schon jetzt auf einem sehr guten Niveau, auch die Ergonomie scheint auf den ersten kurzen Blick für ein Gerät dieser Größenordnung zu stimmen. Trotz Überarbeitung der Oberfläche fühlen sich Huawei-Nutzer sofort heimisch, allen anderen macht das Unternehmen den Einstieg aber wie üblich einfach.
Bietet das Mate 9 in der Realität das, was Huawei verspricht, dürfte es gute Chancen haben, den Erfolg des P9 zu wiederholen. Vor allem, da es im Segment der großen Smartphones derzeit auch durch das Ausscheiden des Galaxy Note 7 vergleichsweise ruhig zugeht. Sich selbst überzeugen wird man aller Voraussicht nach noch in diesem Monat können. Denn der Verkaufsstart soll zeitnah erfolgen.