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Huawei P9 im Test (1/2)

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Wie kann man sich von der Konkurrenz abheben, wenn mehr Leistung nicht nötig und mehr Laufzeit kaum möglich sind? Huawei sagt mit einer besseren Kamera und holt sich dafür den deutschen Traditionshersteller Leica mit ins Boot. Das Ergebnis ist das P9, das die Mitbewerber in diesem wichtigen Punkt klar hinter sich lassen soll. Ob dies klappt, klären wir zu einem späteren Zeitpunkt. Denn im ersten Teil des Tests muss das neue Modell zeigen, ob es in den grundlegenden Bereichen mithalten kann.

An den Start geht das P9 noch in diesem Monat, Huawei spricht konkret von Mitte April. Zur Wahl stehen dann mit Titanium Grey und Mystic Silver zwei Farben, in anderen Regionen bietet man weitere an. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 569 Euro, eine Premium-Version gibt es anders als bei anderen Geräten des Unternehmens nicht. Dafür aber einen größeren Ableger, der technisch nicht nur in Hinblick auf das Display abweicht. Das P9 Plus soll aber erst im Mai für 699 Euro auf den Markt kommen, einen Test gibt es dementsprechend erst später.

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Das Gehäuse überzeugt

Liegen P9 und P8 nebeneinander, dürften anhand der Front nur Kenner das neue Modell erkennen. Die Fronkamera hat einen neuen Platz bekommen, das Glas über dem Display ist zu den Rändern hin leicht abgerundet (2.5D-Glas) und unterhalb der Anzeige prangt der Huawei-Schriftzug. Ähnlich sieht es beim Blick auf den Rahmen aus. Wichtigstes Stilelement sind hier wieder die beiden 60°-Fasen sowie die leicht gewölbte Form. Allerdings gibt es jetzt nur noch einen Einschub für SIM- und microSD-Karte, der zudem nicht mehr rechts, sondern nun links untergebracht ist. Gewandert ist auch die Audio-Buchse, Kopfhörer und Headsets werden nun unten statt oben angeschlossen. Unverändert geblieben ist hingegen die Position der Schalter für Lautstärke und Standby am rechten Rand.

Ein Unterschied: Beim P9 verewigt Huawei sich wieder auf der Front

Ein Unterschied: Beim P9 verewigt Huawei sich wieder auf der Front

Am alten Platz, aber in neuer Form präsentiert sich der USB-Port. Hier setzt Huawei nun auf einen Typ-C-Anschluss, was das Einstecken des Ladekabels deutlich erleichtert.

Fällt der Blick dann auf die Rückseite, wird die Unterscheidung zwischen altem und neuem Modell sehr einfach. Und das nicht nur, weil im oberen Drittel nun wie im Mate 8 ein Fingerabdrucksensor sitzt. Weitaus prägnanter sind die zwei Kameralinsen, die im farblich abgesetzten oberen Ende sitzen. Mittig kommt der Dual-LED-Blitz hinzu, der gesamte rechte Teil wird für die Bezeichnung der Kameraoptik nebst Leica-Schriftzug verwendet. Das Ganze verleiht dem Smartphone ein recht technisches Erscheinungsbild, was einen deutlichen Gegensatz zum restlichen Gehäuse bedeutet. Denn hier bewegt sich Huawei zwischen nüchterner Eleganz und purer Schlichtheit.

Insgesamt wirkt das P9 optisch reifer und runder als noch das P8, obwohl sich die Änderungen - abgesehen von der Rückseite - in sehr engen Grenzen halten. Altbekannt und vertraut ist hingegen das sehr hohe Verarbeitungsniveau. Das komplett aus Aluminium bestehende Gehäuse wirkt hochwertig, wozu auch die Tasten ihren Teil beitragen. Wer das Display abschaltet oder die Lautstärke verändert, freut sich über den satten Druckpunkt und den geringen Hub.

Es bleibt bei viel Aluminium und einer sehr guten Verarbeitung

Es bleibt bei viel Aluminium und einer sehr guten Verarbeitung

Dank des leicht gerundeten Rahmens und der angerauten Rückseite liegt das 145,0 x 70,9 x 7,0 mm große Smartphone gut in der Hand, mit 144 g macht es sich vergleichsweise leicht. Zwar fällt das P9 damit etwa kleiner als sein Vorgänger aus, an der Ergonomiewertung ändert das aber nichts. An die Bedienung mit nur einer Hand ist aufgrund der Bildschirmdiagonalen nicht zu denken, die obere und untere linke Ecke - aus Sicht eines Rechtshänders - bleibt selbst mit sehr langem Daumen unerreichbar. Dafür sind die Tasten am rechten Rand problemlos erreichbar und das Display nimmt rund 78 % der Front ein.

Beim Display bleibt Huawei sich treu

Sieht man einmal von Nexus 6P ab, ist Huawei einer der letzten Verfechter der Full-HD-Auflösung im oberen Preissegment. Bei nüchterner Betrachtung ist das sowohl ein Plus- als auch ein Minuspunkt. Denn einerseits darf man für so viel Geld mehr erwarten, andererseits halten sich die Vorteile in sehr engen Grenzen; im Gegenteil: Der Mehrverbrauch geht spürbar zulasten der Laufzeit. Aber nicht nur die Auflösung erinnert an das P8, auch die Größe hat Huawei beibehalten. Mit 5,2 Zoll liegt man genau zwischen dem Samsung Galaxy S7 und LG G5.

5,2 Zoll und Full HD: Huawei verzichtet wieder auf mehr Pixel

5,2 Zoll und Full HD: Huawei verzichtet wieder auf mehr Pixel

Übernommen wurde auch die Panel-Technik. Die IPS-NEO-Lösung bietet großzügige Betrachtungswinkel und satte Farben, fällt hinsichtlich des Kontrasts aber etwas ab. Das Verhältnis von 1.320:1 ist zwar gut, viele Mitbewerber bieten aber mehr, was vor allem in hellen Umgebungen einen Vorteil bietet. Gleichzeitig kann bei der maximalen Helligkeit aber wieder punkten. Bei höchster Einstellung erreicht das P9 561 cd/m², was auch im Freien ausreicht.

Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Farbdarstellung durch alle Tests von Huawei-Smartphones. In den Display-Einstellungen erlaubt man dem Nutzer zwar die manuelle Einstellung, ab Werk ist mit rund 6.900 Kelvin aber wieder ein unbefriedigender Wert eingestellt. Neu ist, dass man dem Nutzer dank Farbrad nun eine weitaus größere Bandbreite und an auswählbaren Werten gibt. Im Idealfall konnten beinahe optimale 6.560 Kelvin ausgewählt werden, selbst ohne Messinstrument können Nutzer gute Werte erreichen.

Die Helligkeit reicht auch im Freien, erst direkte Sonneneinstrahlung wird zum Problem

Die Helligkeit reicht auch im Freien, erst direkte Sonneneinstrahlung wird zum Problem

Es gibt aber auch noch zwei weitere Auffälligkeiten. Mit etwa 2 mm fällt der Rand rechts und links des Display vergleichsweise schmal aus. Außerdem kann das zum Rand hin leicht gewölbte Glas zu leichteren Spiegelungen führen. Die befinden sich zwar nicht direkt über der Anzeige, können das Ablesen aber dennoch unter Umständen erschweren.

Kirin 955: Mehr Leistung, die nicht ankommt

Einen der größten Sprünge im Vergleich mit dem P8 legt das P9 beim SoC hin. Denn auf den vor einem Jahr verbauten Kirin 930 folgt der nun erstmals eingesetzte Kirin 955. Dass es sich dabei um keinen echten Neuling handelt, deutet die Bezeichnung schon an. Prinzipiell ist es nur eine leicht veränderte Version des Kirin 950, der im Mate 8 steckt. Wie dieser verfügt auch der Kirin 955 über zwei Cluster zu je vier CPU-Kernen: Im langsameren arbeiten Cortex-A53, im schnellen Cortex-A72. Eine Abweichung gibt es aber bei den Taktfrequenzen. Denn die A72-Kerne erreichen in der Spitze nun 2,5 statt nur 2,3 GHz, bei den A53ern bleibt es bei 1,8 GHz. Geblieben sind die GPU vom Typ Mali-T880 MP4, die Fertigung im 16-nm-FinFET-Plus-Verfahren und die Unterstützung von LPDDR4; verbaut sind 3 GB. Das bedeutet in der Theorie: In der Spitze ist der Kirin 955 etwas schneller, sollte bei gleicher Auslastung aber ebenso effizient wie das kleinere Schwestermodell sein. Neu, für die grundsätzliche Performance irrelevant, sind der zum SoC gehörende DSP und ISP, an denen Leica teilweise mitgearbeitet hat. Beide Komponenten mussten aufgrund der Dual-Kamera auf der Rückseite angepasst werden, Details nennt Huawei bislang aber nicht.

Zwischen Spitze und Mittelfeld: Im PCMark bietet der Kirin 955 eine hohe Leistung,...

Zwischen Spitze und Mittelfeld: Im PCMark bietet der Kirin 955 eine hohe Leistung,...

Angesichts der Tatsache, dass der Kirin 955 in den entscheidenden Punkten kaum vom Kirin 950 abweicht, überraschen die Messungen nicht - auch wenn es auf den ersten Blick den ein oder anderen zunächst merkwürdig wirkenden Ausreißer gibt. Erwartungsgemäß fallen die Ergebnisse im 3DMark-Setting Ice Storm Unlimited, unter AnTuTu 6 und Geekbench 3 aus. Hier landet das P9 mit jeweils etwa 18.600, 92.200, 1.800 (Single) und 6.300 (Multi) Punkten dort, wo auch das Mate 8 platziert ist. In die Kategorie „Überraschend“ gehören andere Wertungen. Im 3DMark Slingshot werden beispielsweise nur rund 700 Punkte und damit 25 % weniger als beim Mate 8 genannt, in PCMark und AnTuTu 5 jeweils 10 %. Im GFXBench 3 hängen die Abweichungen ähnlich wie im 3DMark vom gewählten Setting ab. Im „Manhattan Offscreen“-Test reicht es wie beim Mate 8 für gerundet 18 fps, „T-Rex Offscreen“ präsentiert als Ergebnis 31 fps und damit knapp 27 % weniger.

..., im 3DMark sieht es etwas anders aus

..., im 3DMark sieht es etwas anders aus

Der Grund für diese Abweichungen wird erkennbar, wenn man die Gehäuse der beiden Smartphones vergleicht. Denn das Mate 8 kann die Abwärme des Kirin 950 aufgrund der etwa um ein Viertel größeren Fläche besser abführen. Im Endeffekt lassen sich hohe Taktraten dadurch länger halten. Das bedeutet nicht, dass das P9 ein Hitzeproblem hat - im Gegenteil. In Benchmark-Schleifen erreichte die Rückseite lediglich knapp 40 °C, wärmer wurde es nur beim exzessiven Einsatz der Kamera.

Doch was bedeutet das für die Praxis? Festzuhalten bleibt zunächst, dass das P9 im Test abseits der Benchmarks nie an seine Grenzen kam. Weder gab es auffällige Ladezeiten noch Ruckler oder ähnliches. Selbst in leistungsfordernden Spielen traten keine Probleme auf. In der nahen und mittleren Zukunft dürfte sich daran nichts ändern, langfristig betrachtet dürfte unter anderem ein Galaxy S7 - das auch aufgrund der Bildschirmdiagonale ein direkter Konkurrent ist - über mehr Reserven verfügen. Die Frage ist, ob man das P9 bis dahin nicht schon gegen die übernächste oder eine noch spätere Generation getauscht hat.

Links ein Cortex-A53-Kern, rechts ein Cortex-A72: Letzterer kann den vollen Takt nicht lange halten

Links ein Cortex-A53-Kern, rechts ein Cortex-A72: Letzterer kann den vollen Takt nicht lange halten

Aus einer rein technischen Perspektive wartet man auf die Antwort, warum Huawei nicht den Kirin 950 eingesetzt hat. Denn im Alltag ist vom Leistungsplus nichts zu spüren, es ist lediglich ein theoretischer Vorteil. Anders würde es aussehen, wenn Huawei dem P9 nicht nur den aufgebohrten SoC, sondern auch UFS-Speicher spendiert hätte. Auch der Kirin 955 kann den schnellen Standard, den Samsung beispielsweise in seinen Galaxy-S7-Modellen nutzt, unterstützen, verbaut ist aber wieder lediglich eMMC. Für den wirft AndroBench in der Spitze etwa 120 und 74 MB/s (256 KB Dateigröße; Lesen/Schreiben) aus; das S7 erreicht mit 225 und 63 MB/s zumindest beim Lesen ein deutlich höheres Tempo.

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