Ein ganz normaler Tag
Heute Morgen, zu einer Zeit zu der noch kein Vöglein singt, durchbrach jäh das Plärren des Radios die stille Finsternis. Der erste Schock
wich rasch einem tiefen Trauma, verdammt die Realität hat mich wieder! Dabei war es doch so schön in meinem Traum, ich habe mich so geborgen,
umsorgt und verstanden gefühlt. Und nun? Kälte! Eisregen (manche mögen es Dusche nennen) und dieser stetige innere Kampf dieser beiden Stimmen
Die eine befiehlt: "geh raus in die Welt und arbeite" und und die andere säuselt: "nur noch ein bisschen den sanften Duft des Schlafes kosten"
Voller innerer Überzeugung und mit dem klaren Verständnis dafür dass ein Mann nunmal tun muss was ein Mann eben tun muss geh ich erst mal Pinkeln.
Jeder Schritt, jeder Atemzug stellt für jede einzelne Zelle meines Körpers eine schier unüberwindbare Herausforderung dar. Ich leide! Und noch viel
schlimmer: KEINER SIEHT ES! Geduscht und bekleidet stelle ich ein mal mehr fest dass egal was man mit mir macht und egal was man von mir abverlangt
einfach nur phantastisch aussehe. Ein Glas Wasser später das allmorgentliche Problem: Mann legt seine Sachen jeden Abend ordentlich auf immer den
selben Platz um dann jeden Tag aufs Neue den Geldbeutel, den Schlüssel, das Handy, das Zweithandy, die Chipkarte und die Zigaretten an den
abenteuerlichsten Orten suchen zu müssen nur weil irgendwelche Fabelwesen des Nachts ihren Unfung damit getriben haben. Oder kann irgend jemand
wirklich glauben dass ich meinen Gelbeutel im Bad, den Schlüssel auf dem Schuhregal, das Handy auf der Dunstabzugshaube, die Chipkarte und das
Zweithandy im Wäschecontainer und die Zigaretten auf der Couch ablegen würde? Niemals! Das wäre doch viel zu viel Aufwand! Ich meistere das Versteckspiel
mit integriertem Hinternissparcour in alter Indian Jones Marnier und stehe top gestylt und bewaffnet für den Büroalltag in den Startlöchern, quasi vor dem
Tor zu Welt, unserer Haustür! Mit einem Schlüsseldreh öffne ich die Pforte und sauge das erste mal die eisige Luft in mich ein. Zwei drei Schritte bis zur Garage,
ich öffne die Tür und.....
....ich traue meinen Augen kaum, da steht sie wieder, diese Skulputur aus meinem Traum, anmutig kauert sie sich auf den Boden. Geschaffen aus
Stahl, Aluminium und Kunststoff, teilweise verhüllt mit funkelndem Glas schaut sie mich an als wollte sie sagen "trau Dich, komm näher". Wie in Trance
gehe, nein schwebe ich förmlich auf dieses faszinierende Wesen zu und bin wie hypnotisiert von den zarten Linien die vom Licht umspielt in perfekter
Harmonie eine Symbiose mit den Ecken und Kanten eingehen. Linien die angespannten Senen und Muskeln einem Raubtier kurz vor dem Sprung gleichen. Ich erreiche
die Flanke jener großartigen Figur die das Ergebnis perfekten Schaffens und wahrer Leidenschaft zu sein scheint und berühre corsichtig ein Stück Kunststoff, hebe
es an und wie durch ein WUnder schwingt eine Pforte ins innere dieses großartigen Objektes auf. Sie legt den Blick frei auf Linien so klar und einfach wie Linien nur
sein könne ohne auch nur im Ansatz primitiv zu wirken. Ich lasse mich nieder, fühle diese Verbundenheit, genieße den Augenblick, schmecke die Luft, sie ist anders,
schmeckt und riecht nach Leder. Ich schließe die Pforte und endlich, da ist das Gefühl der Geborgenheit wieder, dieses Gefühl zu wissen wo man ist und dass es gut ist
hier zu sein. Eine innere Stimme sagt mir dass ich diese Skulptur, nein, dieses Geschöpf zum Leben erwecken kann. Ich drehe einen Metallstift und mit einem kurzen knurren
erwacht es um mich zum Leben. Ein Moment der Sprachlosigkeit, dann Lauschen. Es scheint sich wohl zu fühlen, schnurrt wie eine Katze und macht durch die Sanfte
Vibration dennoch unmissverständlich klar dass Achtung geboten ist ob der Kraft die im verborgenen schlummert. Ein schwarzes Band verbindet mich inzwischen fest
mit diesem Kunstwerk, ich gleite hinaus aus der Garage und auf die Straße. Alles was ich brauche, was ich suche oder vermisse, es ist genau da wo es sein muss.
Warme Wogen durchziehen meinen Rücken und mein Gesäß, ein lauer Wind erwärmt den Raum der mich umgibt, und gleisendes Licht teilt für mich die Dunkelheit entzwei.
Ich beschleunige mit sanftem Streicheln in immer neue Geschwindigkeitsphären. Nahezu sureal erscheinen all die Landschaften die im fahlen Licht der aufgehenden Sonne
an mir vorbeifliegen. Das Brummen dieser Kreatur fordert MEHR, MEHR und ich trete zu, nicht gewaltsam aber beherzt, und ernte ein Inferno. Ein Inferno an Eindrücken und
Erlebnissen. Als hätte man einem Tiger den Kampf erklärt brüllt und schreit es mich an, reißt und zerrt und jagt umher. Die Landschaft wird zum Schleier und
mein Adreanlinspiegel schnellt empor. Gemeinsam jagen wir durch die Weiten des morgengrauen Hinterlandes, beide angespannt, beide konzentriert und dennoch noch angestrengt.
Dieser Wunderbare Traum von heute Nacht, da ist er wieder. Wir biegen ein in ein großes Gebäude voller anderer Skulputern. Viele mißgebildet und völlig entstellt mit grotesken
großen Mäulern, die von Zahnspangen ähnlich den olympischen Ringen durchzogen sind. Andere ebenfalls anmutig und graziel. Ich schicke mein Fabelwesen schlafen obwohl
eine Stimme in mir sagt "Tu es nicht, es ist ein Fehler!". Ich öffne die Pforte und ensteige in die eisige, nasse Welt. Ein letztes Mal streichle ich das Wesen aus
meinem Traum um dann jäh durch das Plärren des Radios geweckt zu werden, aber halt, das ist gar kein Radio, das ist der nervige kleine Quasselkollege aus dem Nachbarbüro.
Verdammt, wo bin ich? Was ist passiert? Wo ist mein Traum? HILFE!!! Was bleibt ist die Sehnsucht und die Hoffnung darauf bald wieder eintauchen zu dürfen in diesen
Traum dessen Symbole nicht besser gewählt sein könnten. Ein Z für die scharfen Linien und das Fauchen und eine 4 die sagt "Geborgenheit, Verständnis, Leidenschaft, Faszination"
Auf viele weitere Träume