Achtung, langer Post...
Ich konnte im Netz tatsächlich keine gute Anleitung finden, deshalb gibts hier einen Erfahrungsbericht im Detail:
Ich habe mich die letzten zwei Tage mit einem defekten Türschloss gequält... Das fiese an den Golf 4 Türschlössern ist die sogenannte "Safe" Funktion. Wenn man den Karren mittels FFB zuschließt, dann lassen sich die Türen nicht mittels Öffner im Türgriff von innen öffnen/entriegeln. Sprich man kann wirklich Leute im Fahrzeug einsperren...
Drückt man die FFB 2x hintereinander, dann ist diese Funktion aus und man kann die verriegelte Tür von innen öffnen. Bei mir war blöderweise das Schloss verreckt und die Safe Funktion aktiv. Damit konnte die Tür nicht mehr entriegelt werden, blieb geschlossen und ich hatte ein Problem
Falls also jemand mal einen Golf 4 oder Bora Variant hat, bei dem die hintere Tür nicht mehr auf geht und das Schloss mechanisch verklemmt/gesichert ist... So hab ichs hinbekommen, während die Tür komplett zu ist:
1. Sitzfläche der Rückbank ausbauen
2. Mit kurzem Torx Schraubendreher die zwei unteren Schrauben der Türverkleidung lösen
3. Griff der Verkleidung abziehen, Kreuzschrauben entfernen
4. Türverkleidung unten nach innen aus den Klipsen ziehen, oben am Fenster nach oben rausdrücken
5. lose Türverkleidung etwas von der Tür wegziehen und Seilzug des Öffners aushängen.
6. Stecker der Fensterhebertaste abstecken
7. Türverkleidung entfernen
An dieser Stelle kann man nun Glück oder Pech haben. Meine Tür hat etwas über dem Schloss auf der Innenseite ein Loch, wo man mit einem Schraubendreher den Riegel des Schlosses betätigen und es so entriegeln kann. Falls das Schloss NICHT im "Safe" Zustand ist, bekommt man es danach mit dem Seilzug vom Innengriff auf. Das war bei mir leider nicht der Fall, weshalb auch die typischen Tipps mit klopfen, hämmern, erwärmen etc. nicht helfen. Falls der Türpin nicht oben bleibt und man beim Ziehen des Innengriffs einen starken Widerstand spürt, ist die Safe Funktion (wie bei mir) aktiv... Deshalb gings bei mir nun folgendermaßen weiter:
8. Unterhalb des Fensterhebermotors die runde Gummiklappe im Aggregateträger öffnen
9. Fenster ganz herunterfahren und durch die Gummiklappe schauen. Dort sollte in der schwarzen Führungsschiene ein weißer runder Plastik Spreizniet zu sehen sein. Außerdem verläuft dort der Seilzug vom Fensterheber, den wir während der folgenden Arbeiten z.B. mit einem Schraubendreher zur Seite drücken müssen, damit wir ihn nicht beschädigen
10. Lange M5 Schaube nehmen und in den Spreizstift in der Mitte des Niets einschrauben. Dann Schraube mit Spreizstift aus dem Spreizniet ziehen.
11. Nun muss der Niet selbst noch raus. Lange M8 Schraube nehmen, in den Niet eindrehen und so den Niet ebenfalls herausziehen. Das hat bei mir genau garnicht geklappt, weshalb ich den Niet letztendlich nach "außen" rausgedrückt habe und er so in die Tür fiel. Macht nix, da kommen wir später noch dran.
12. Wenn der Niet entfernt ist müsste die Scheibe nun lose sein. Ausbauen können wir sie nicht, weil das nach innen geschehen muss (dort ist wegen der geschlossenen Tür das Dach im Weg).
13. Fensterdichtung am senkrechten Steg ablösen, das kleine Dreieckselement entriegeln und nach oben herausziehen
14. Die innere Fensterschachtabdichtung mit einer Zange o.Ä. nach innen herausnehmen
15. Jetzt können wir vorerst die Scheibe nach oben schieben und mit Klebeband o.Ä. gegen herunterfallen sichern
Nun gehts am Aggregateträger weiter, denn ohne den bekommen wir das Schloss nicht frei...
16. Die Sicherungsstifte drei schwarzen runden Spreizniete herausschlagen, die fallen nun in die Tür. Außerdem die drei Niete aus dem Aggregateträger herausdrücken. Die Drei gehören zu einem Plastikhalter, der das Schloss am Aggregateträger hält und müssen deshalb vorher gelöst werden.
17. Aggregateträger vorsichtig lösen (Achtung, die Dichtung ist sehr widerspenstig!) und etwas von der Tür wegziehen.
18. Ggf. den Draht vom Türpin aushängen
19. In der Tür den Stecker vom Schloss abziehen und den Aggregateträger z.B. zwischen Sitz und B-Säule "parken". Es kann hilfreich sein den Kabelbaum aus dem Aggregateträger auszuklipsen um etwas Spielraum zu haben
Jetzt haben wir freie Bahn und sehen das Innere der Tür. An dieser Stelle habe ich dann nochmals versucht das Schloss zur Mitarbeit zu überreden, was leider vergeblich war. Bei meinem Schloss war entweder der Mikroschalter oder der Motor tot, weshalb sich nichts mehr tat. Ich habe mich also entschlossen das Schloss in der Tür mittels Hammer, Stecheisen und roher Gewalt zu zerlegen, bis ich die Verschlussmechanik mit den Fingern erreichen konnte. Der Stellmotor mit seiner Getriebestufe liegt glücklicherweise gut erreichbar oberhalb des Anschlusssteckers im Schloss. Zerlegt man das Gehäuse an der Stelle, kann man die Getriebestufe von Hand drehen und so die Tür entriegeln. Danach wird einfach der Bowdenzug des Innengriffs betätigt und die Tür ist auf! Success!
Erklärendes Bild vom Schloss. Ich habe das Gehäuse markierten Bereich (linkes Bild) zerschlagen, um an das Getriebe zu kommen (rechtes Bild). Man kann das große weiße Zahnrad mit dem Finger drehen und so entriegeln. Rot markiert ist außerdem der weiße Hebel, welcher das Schloss ent/verriegelt und durch ein Loch in der Tür mit dem Schraubendreher erreicht werden kann.
Wenn man an diesem Punkt ist, kann man wie gewohnt die Fensterführung ausbauen, das Fensterglas entfernen, das Schloss wechseln und danach alles wieder in umgekehrter Reihenfolge zusammenbauen.
Zeitaufwand mit Denkpausen und Frustbier zwischendurch: insgesamt gute 8 Stunden