Nein, das ist der Plan. Die Realität sieht anders aus.
Die Realität versucht, dem Plan gerecht zu werden, wird dabei aber nicht durch einen Erziehungs-Imperativ behindert. Ergo eine Verbesserung.
Ist es da? Du findest ein Schulsystem besser was systematisch zur Verdummung beiträgt?
Klar, durch die fehlenden politischen Leitplanken können die Menschen sich pol. weiträumig umschauen, nur hilft ihnen das nicht, wenn sie nichmal in der Lage sind einen Kassenbon zu deuten.
Das Deuten eines Kassenbons fällt doch eher unter Kompetenz, nicht unter Wissen. "Politische Leitplanken" ist gut, Einbahnstraße mit einer Fahrspur triffts wohl besser. Entsprechend trägt das Schulsystem eben nicht zur Verdummung bei, sondern zur Heranbildung eines handlungsfähigen, heterogenen Menschen.
Sicherlich, der Unterricht war auf "das große Ganze ausgerichtet". Das ist es aber heute auch. Demokratie > alles, genauso wie es damals Sozialismus > alles hieß. Geändert haben sich nur die Schlagworte und die Ausrichtung, das System ist das Gleiche. Wer richtet darüber, dass das eine besser als das andere ist? Genau, irgendwelche Funktionäre in irgendwelchen Politbüros oder Ministerien. Fernab jeglicher Realität.
Mit dem feinen Unterschied, dass Bürger in einer Demokratie sich entscheiden können, ob sie Sozialismus, Kapitalismus oder einen dritten Weg wünschen, weil "das große Ganze" der Bildung zum demokratischen Staatsbürger mehr Freiheiten als die Erziehung zum sozialistischen Staatsbürger gewährt. Wer diese Freiheiten nicht hat, muss die auch nicht nutzen können, was das Bildungssystem natürlich entlastet - da sind Kompetenzen eben weniger/garnicht relevant, weil die Denkrichtung stets vorgegeben ist. Das reduziert den Anspruch an den Einzelnen massiv.
Wenn die DDR-Bildung derart effizient gewesen wäre, hätte sich das System aber nicht selbst aufgelöst. Hat es aber dann doch. Die deutlich vorhandenen Unterschiede in Stammtisch-Annäherung und Kulturpessimismus einzuebenen, erscheint mir hochgradig unangemessen. Das System ist eben nicht das gleiche, auch nicht bezüglich seiner Zielsetzung/Umsetzung/Whatever.
Man kann seine Meinung zur pol. Willensbildung in der DDR haben. Das System war bei weitem nicht perfekt, aber rein vom Wissensoutput und auch sozialer Kompetenz war es dem heutigen überlegen.
Heute können sich die Schüler zwar frei in der pol. Landschaft bewegen, sich dafür aber nicht mehr die Schuhe zubinden.
Für mich ist die Kernkompetenz der Schule die "fachliche" Bildung und danach kommt die Erziehung und die pol. Bildung.
Mag sein, dass der Wissensoutput höher war, aber das ist träges Wissen. Träges Wissen hilft nicht bei der Lösung unbekannter Probleme, was eigentlich auch ein arges Defizit der immer noch derartig ausgerichteten, asiatischen Schulsysteme (Vietnam, Korea, China) ist. Schön, wenn man viel weiß, aber trotzdem nicht uneingeschränkt handlungsfähig ist. Kritik kam unter anderem an der mangelnden Abstraktionsfähigkeit der DDR-Schüler auf, zeitgenössisch
Wenn außerdem von einer "Einheit aus Wissenschaft und Ideologie" gesprochen wird, steht der Output des Systems und einem schiefen Licht.
Die Kernkompetenz des DDR-Systems war gerade umgekehrt: Erziehung (und zwar eine politische(!), aus der sich direkt die entsprechenden Werte wie Hilfsbereitschaft speisen) und erst danach fachliche Bildung. Ergo muss die Beurteilung unter Berücksichtigung dieses Umstandes erfolgen.
Nebenher: Dass sich Schüler heute nicht mehr die Schuhe zubinden können, liegt an den veränderten Sozialisationsbedingungen und weniger an der Schule. Wenn im Elternhaus nicht oder weniger gelesen wird (beispielsweise), dann muss die Schule Rudimentäres beibringen, das früher deutlich stärker als Gegeben vorausgesetzt werden konnte. Dafür können die Schüler eben mit Mamas iPad umgehen und Papis Rechner virenfrei halten, ergo: Die Klassifizierung von Dummheit erfolgt auf Basis eines eingeengten Wissensbegriffes.
Dazu braucht es in aller erster Linie Intelligenz. Und da es an dieser zunehmend mangelt, darfst du dir selber ausrechnen, wie weit es mit der hinterfragenden Reflexion gehen wird.
Intelligenz ist ein weicher Begriff, der mehr oder weniger willkürlich festgelegt wird. Entsprechend schwierig ist es, mit einem Intelligenzbegriff zu argumentieren, vor allem wenn man darunter Faktenwissen fasst, aber zunehmend Kompetenzen (u.a.) gefordert werden. Die gehen natürlich zu Lasten des Faktenwissens, dessen Aneignung der persönlichen Initiative überlassen bleibt. Wie so vieles aktuell, auch das ist eine Grundkompetenz modernde Gesellschaften
Ich will da eigentlich nicht weiter drauf eingehen. Das Bildungssystem damals wurde, wenn auch mit fragwürdigen Mitteln, seiner Aufgabe "Bildung" gerecht. Heute ist das leider nicht mehr der Fall. Bildung ist heute ein lästiges Thema, was nur Geld kostet (wenn es denn welches gibt), aber keins reinbringt.
Manchmal ist die Richtungsvorgabe besser als das Umherirren.
Die Aufgabe war eben nicht Bildung, sondern vorrangig Erziehung. Bildung war de facto von sekundärer Bedeutung. Aber klar: Es ist schon besser, angepasste Befehlsempfänger heranzubilden, wobei der Bildungsbegriff ideologischer Engstirnigkeit unterworfen ist. Jackpot! Denn das Schulsystem der DDR wurde schlicht gemäß dem sozialistischen Prinzip entsprechend entworfen und konnte demnach nicht flexibel angepasst werden - was es entsprechend auch nicht wurde, abgesehen von der Einführung des Faches "Wehrunterricht" 1978. Das ist übrigens auch eine schöne Art von Bildung, paramilitärischer Unterricht als dediziertes Propagandafach.
EDIT:
Die Chancengleichheit in der DDR reichte soweit wie dein Parteibuch es aushielt....
Sicher. Aber auch unter Parteibuchträgern, also den sozialistischen Musterbürgern gab es keine Chancengleichheit im Bezug auf Bildung, weil das System den Vorteil von bildungsnaher Herkunft nicht egalisieren konnte oder wollte. Von Quoten zurück zum Leistungsprinzip bei der Studienplatzvergabe...
EDIT2:
Enorme Unterschiede:
- was der Lehrer sagt ist Gesetz (heute Zitat: "wobei das "gesellschaftlich handlungsfähige Individuum" im Mittelpunkt steht, in Verlängerung der selbstständig und kritisch denkende Mensch" und deswegen wird bei allem widersprochen, und genau solche Menschen brauchen wir
) -> (kennt man ja ausm Job, da diskutiert man auch erstmal über die gestellte Aufgabe...)
Dann sollten diese Menschen eben lernen, wann eine Diskussion nötig ist, wann nicht und wie man sich durchzusetzen hat. Deshalb aber die Erziehung zu unkritischen Befehlsempfängern zu bevorzugen, führt direkt wieder in die Barbarei (siehe auch u.a. Adorno, Erziehung nach Auschwitz). Wir brauchen frei diskutierende Menschen.
- Lehrmittelzugang (heute wird das schön differenziert und zwar nach Geld)
- gemeinsames Essen (heute wird das schön differenziert und zwar nach Geld, wer es sich leisten kann, schickt sein Kind zum Essen) -> Zusammengehörigkeit
Lehrmittel und Essen können bezuschusst werden, wenngleich Anträge erforderlich sind.
- Betreuung nach der Schule (heute wird das schön differenziert und zwar nach Geld, man hat "jetzt" die brandneue Idee zur Ganztagsschule, ach Moment, gabs das schonmal?) -> Zusammengehörigkeit
- praktische Ausbildung in den höheren Klassen (heute gibt es da ein Praktikum von sehr wenigen Wochen, wo man echt ne Menge lernt....)
Ganztagsschulen gibt es schon weit länger, die sind kein DDR-Patent. Praktische Ausbildung in der DDR? Ich hab da recht viel negatives zu gelesen, weil praktischen Einheiten (theoretisch eine gute Idee) leider im Realsozialismus stattfanden und die Schüler überwiegend Anhängsel waren respektive nichts gelernt haben, außer dass ihr System nicht ganz der gelernten Theorie entspricht.
- Gemeinschaftsunterricht (heute trennt man die Schüler und zeigt ihnen damit direkt, dass die Gesellschaft aus "Klassen" besteht) -> Zusammengehörigkeit
Das ist irgendwie auch nicht schlechter, als ihnen zu zeigen, dass manche Menschen eben gleicher als andere sind. Immerhin: Jeder kann sein Kind auf Schulen schicken, die er für korrekt hält, etwa eine Gesamtschule. Unabhängig davon hatte und hat Schule jeder Coleur immer auch den Auftrag, Ungleichheit zu legitimieren, indem über höchst problematische Noten (etwa den realsozialistischen Zensurenfetischismus, der in seltsamen Widerspruch zur propagierten Gleichheit aller Bürger steht) ungleichwertige gesellschaftliche Positionen gerechtfertigt werden.
Wie gesagt, das Schulsystem hat sich teils fragwürdiger Methoden bedient, es hat aber die Kernaufgabe(das, worum es bei Schule geht) besser erfüllt als es heute der Fall ist.
Die Methoden waren fragwürdig (Pädagogik von 1900 etwa), aber das ist nicht der Punkt. Fragwürdig war überhaupt der Erziehungsauftrag, da hab ich noch so einen schönen Spruch von Walter Ulbricht: "Der Aufbau des Sozialismus ist im wesentlichen eine Erziehung des Menschen". Entsprechend kannst du nicht als Kernaufgabe eines Systems deine Vorstellung von einem Schulsystem für seine Beurteilung zugrunde legen und daraus zu einem absolut positiven Schluss gelangen, weil es bei Schule nicht immer nur um Bildung im Sinne einer objektiven Wissensvermittlung geht. Ziel war Indoktrination und Erziehung zur Unmündigkeit bei hohem Konformitätsdruck. Die Lehrpläne heute fordern hingegen ausdrücklich Dekonstruktion von Meinungen und Wertvorstellungen, möglichst fachübergreifend - um zum Hinterfragen zu befähigen. Das hat auch Defizite, aber es entwickelt sich aufgrund wissenschaftlicher (und nicht bornierter ideologischer) Erkenntnisse in die (durchaus richtige) Richtung Einheitsschule. Besser als diktatorische Systeme ist es aber jetzt schon.
Omg, Wall of Text mit hoffentlich hohem Sinngehalt. Hoffe wir werden nicht zu sehr OT.