aber warum braucht man heute soviel mehr psychiater? sind die menschen einfach nur weicheier geworden oder sind es wirklich mehr einflüsse von außen wie unsere schnelllebigere gesellschaft mit den hohen erwartungsdruck ?! ich glaube, das es wohl von beiden etwas ist. nach dem 2 weltkrieg waren die leute auch traumatisiert, nur hats halt keine sau gejuckt. in den 80er jahren hat man viele seelische dinge noch untern teppich gekehrt. hier sind ja viele rund um die 40 rum. der ein oder andere kann sicher geschichten erzählen aus seiner kindheit, wo dinge totgeschwiegen worden sind. die aus heutiger sicht ein klarer fall für profihilfe wären. wenn jugendliche damals was bestimmtes gemacht haben, hat man denen oftmals einfach sagt "lass das" anstatt zu hinterfragen, warum sie das machen. heute wird aus jeder sache gleich eine riesen sache gedeutet...
das conny die anzahl neuer fälle nun massiv steigern wird, sollte klar sein. häusliche gewalt nahm zb massiv zu und burnout bei massiv vielen alleinerziehenden usw... die leittragenden an der ganzen situation sind die kinder. mir ist conny am ende eigentlich egal, bzw. sogar positiv. ich habe home office und bekomme geld für zu hause sitzen. durch massive kurzarbeit habe ich viel zeit für mich und habe kaum weniger geld. da der herbst eine exakte kopie vom letzten jahr wird, kann ich mich also auch auf noch länger home office freuen. die generation an jugendlichen wird allerdings völlig ruiniert und zu klaren fällen für die seelenklempner...
Die Trennung zwischen Psyche und Körper ist eine künstliche. Alle "psychischen" Erkrankungen sind letztendlich "körperliche" Erkrankungen. Damit meine ich nicht dass ich unser bewusstes Erleben beispielsweise komplett auf das Gehirn reduzieren möchte, sondern dass das bewusste Erleben (im gesunden sowie im kranken Menschen) mit neuronalen Vorgängen korrespondiert. Die Psyche exsitiert für mich nicht; aber das im Detail zu erläutern ist hier nicht möglich. Vielleicht ist es interessant zu äußern dass in vielen östlichen Ländern, z.B. im Orient und in Asien, sich "psychische" Symptome z.B. mehr körperlich als hier bei uns im Westen manifestieren.
Zu deiner Frage: die Psychiatrie, in ihrer modernen Form, ist eine ursprüngliche Erfindung aus Frankreich und Deutschland. Einer der Begründer der Psychopathologie ist z.B. Karl Jaspers (der bei dir aus dem Norden kam, aus Oldenburg, auch wenn du natürlich noch weiter nördlich wohnst).
Heute wird die Psychiatrie aber immer mehr amerikanisiert. Die USA dominiert die Welt und genauso dominiert die USA die Wissenschaft in neuroscience, psychiatry und co. Es wurden z.B. im ICD-10 und DSM-5 über die Jahrzehnte hinweg immer mehr Diagnosen erstellt. Deshalb kannst du heute für alles und jedes eine Diagnose geben und bist dann auf dem Papier schon per Definition psychisch gestört. Von den ursprünglichen "Werten" der Psychiatrie aus Europa ist in dem amerikanischen System nicht mehr viel übrig.
Diagnosen wurden ursprünglich auch eingeführt um die Dinge auf dem Papier kategorisch und theoretisch zu vereinfachen. Beispielsweise um eine gemeinsame Sprache zu schaffen. Wenn ich sage dass z.B. ein Mensch depressiv ist, dann weiß jeder Psychiater in etwa sofort bescheid was los ist ohne dass ich die gesamte individuelle Phänomenologie des Patienten über 2 Stunden im Detail deskriptiv und interpretativ erläutern müsste.
Heute denken aber leider selbst einige "Fachleute" (du willst nicht wissen was ich von einigen dieser "Experten" denke) dass diese ganzen Diagnosen wirkliche Entitäten wären, also dass es diese Diagnosen wirklich so im Menschen und seiner Interaktion mit der Umwelt gibt. Viele der heutigen Diagnosen gab es beispielsweise vor 30 Jahren nicht. Und viele wird es heute in 30 Jahren nicht mehr geben.
Dafür kamen wie gesagt immer mehr Diagnosen hinzu. Ob es heute mehr "Seelenleiden" gibt als noch vor 30 Jahren ist umstritten. Dazu gibt es viele epidemiologische Studien. In den Medien wird zwar gerne geschrieben dass die Anzahl der Störungen laufend zunehme, aber viele Metaanalysen von epidemiologischen Studien haben gezeigt dass dies nicht der Fall ist. Manche äußern sich diesbezüglich positiv, andere sagen dass es nur daran liegt dass wir heute mehr Leute im Gesundheitssystem haben, wir mehr Diagnosen besitzen, Menschen heute eher freiwillig Kontakt mit diesem System aufnehmen, etc.
Meine persönliche Meinung ist die dass es je nach "Diagnose" oder sagen wir Leidensart heute mehr Fälle gibt als z.B. vor 20 Jahren, dafür in anderen Bereichen wiederum weniger. Der Mensch ist ein Gesamtsystem aus Organismus plus Umwelt. Deshalb spielt die soziokulturelle Umwelt natürlich einen entscheidenen Einfluss. Manche Krankheiten gehen, andere kommen. So ist es auch in der Medizin. Aber ob es heute massiv mehr "psychische" Störungen gibt als vor beispielsweise 50 Jahren, natürlich relativiert bzw. berechnet an der gestiegenen Bevölkerungszahl, das bezweifel ich eher.
Was aber natürlich stimmt dass das ganze heute im Kapitalismus viel systemantischer aufgebaut ist als noch vor 70 Jahren und du damit viel mehr Geld machen kannst, siehe in den USA. Da ist es ja schon fast hip einen Psychologen zu haben zu dem man geht.