Das ist ja alles schön und gut, nur dein Hauptargument "Ihr vertretet doch immer alle nur eure eigenen Interessen und ich find' euch deshalb alle doof" trifft bestens auf dich zu.
Welche Forderung erhebe ich, welches (Eigen-)Interesse vertrete ich?
Ich kann mich nicht erinnern, dass du, wie du es hier von den anderen forderst, jemals einen Millimeter von deinem Standpunkt abgerückt wärst.
Das mag auch daran liegen, dass mich die Argumente der Gegenstelle nicht ueberzeugt haben. Ich entsinne mich aber nicht, mich in paranoiden Thesen verstiegen und dem Gegenueber Respekt verwehrt zu haben.
Ich muss nicht zwingend erst meinen Standpunkt formulieren, um einen anderen zu kritisieren. Gerade zu diesem Thema wissen ohnehin die meisten zwar genau, wogegen sie sind, aber kaum einer, wofuer er eigentlich ist - und wie das erreicht werden kann.
Anyway, nachfolgend also nun "mein Standpunkt":
Die Wahrheit -und das ist wohl jedem klar; es wird nur nicht so gerne ausgesprochen- ist, dass kinderpornographisches Material nur ein trojanisches Pferd sind: und zwar fuer
beide Seiten; die boese Hexe aus Berlin (an deren redlichen Absichten ich nebenbei keine Zweifel hege) ebenso wie die "Community". Die Legislative benutzt Kinderpornographie, um Ueberwachungsvorrichtungen- und prozesse im Internet zu etablieren, die mich nicht mehr aengstigen als ein Radarkasten an der Landstrasse oder eine Videokamera in einem U-Bahnhof. Nichts davon macht die Welt sicherer - Kinderpornographie verschwindet nicht, Autos fahren nicht wie von Geisterhand nur nuch 100 und Rentnern wird trotzdem der Schaedel eingetreten. Aber ohne diese Dinge hat der Rechtsstaat keine Chance, Rechtsstaatlichkeit walten zu lassen - weil er der Tat erst gar nicht gewahr wird. Viele Delikte sind sog. "Kontrolldelikte" (Verstoesse gegen das Betaeubungsmittelgesetz etwa; auch hier kann letztlich ueber den Umfang nur gemutmasst werden - nur kaeme hier niemand bei klarem Verstand auf die Idee, das Vorhandensein dieser Kriminalitaet in Abrede zu stellen oder es als Randerscheinung ohne gesellschaftspolitische Dimension abzutun) - wuerde nicht kontrolliert, wuerde nicht aufgedeckt. Die "Community" hingegen wiederholt gebetsmuehlenartig Buzzwords wie "Zensur" und pocht auf Artikel 5 des GG´s - sorgt sich aber wohl eher darum, dass ein solcher Mechanismus, ist er einmal da, auch dazu benutzt werden koennte, um Urheberrechts- und andere Verstoesse zu erfassen und ahndbar zu machen.
Das "Argument" des "Loeschens statt Sperrens" ist, mit etwas Abstand betrachtet, sogar der Gipfel der Verlogenheit. Einerseits wird gezetert, dass Grundrechte in nicht hinnehmbarer Weise beschnitten wuerden, sollte das Gesetz zur Anwendung gelangen; das Unschuldige ohne Beweis stigmatisiert wuerden und rechtsstaatliche Grundsaetze (wie der Richtervorbehalt, den es laengst nicht immer und automatisch gibt) ueber Bord geworfen wuerden - gleichzeitig aber schreiben Privatpersonen Hoster an, aeussern den unbewiesenen Verdacht auf Kinderpornographie und verlangen deren Loeschung. Man praktiziert also als Internethilfssheriff genau das, wofuer man die dafuer Befugten an den Pranger stellt.
Das Argument der einfachsten Umgehbarkeit und der daraus folgenden Wirkungslosigkeit ist genau so butterweich: weil es zwar prinzipiell richtig ist, aber nicht nur am einen Ende des Drahtes ("Konsument"), sondern auch am anderen Ende ("Supplier") gilt - was ich heute hier loesche, ist morgen woanders wieder verfuegbar. Wuerde ich diesem Argument konsequent nachkommen, koennte ich weite Teile der Strafverfolgung einstellen.
Das Gebrabbel vom Internet als "rechtsfreien Raum" schliesslich ist so falsch, wie es richtig ist. Es ist falsch, weil das Internet ein Haufen Kupfer und Glasfaser ist - und der Teil davon, der in Deutschland vergraben wurde, unterliegt selbstredend deutschem Recht. Und doch richtig, weil es praktisch keine Moeglichkeit gibt, die Einhaltung dieses Rechts effizient zu ueberwachen. Stattdessen wird das Gespenst von der "Zensur" an die Wand gemalt - ohne Gegenvorschlaege zu machen. Auf eine Eigenhygiene zu vertrauen ist aber wohl kaum der geeignete Weg - sonst waere das Internet nicht inzwischen die Kloake, die es eben ist.
Soweit "mein Standpunkt".
(...)aber der sinnfreie und maulige Ballast drum herum mag(...)
?
Was haben Zwangsverheiratung und die aktuelle Situation im Iran mit KiPo zu tun? Apfel? Birne?
Eine wirklich gute Frage - stell sie Herrn Landau. Er hat schliesslich argumentiert, dass eine explizite Anti-Kinderpornografie-Gesetzgebung in solchen Laendern entbehrlich sei, weil dort ja bereits Freizuegigkeit geaechtet sei. Dieses "Argument" ist weder Apfel noch Birne, sondern einfach nur Banane?!
Herr Tauss wurde von vielen Seiten für sein Verhalten rund um die Vorwürfe gegen ihn sehr wohl kritisiert.
Und von weiten Teilen der sog. "Community" bejubelt. In etlichen seiner Beitraege zieht er ueber ehemalige Kollegen vom Leder, dass einem uebel wird - alle doof ausser Joerg. Auf diese Weise leistet er seinen ganz persoenlichen Beitrag dazu, dass dieses sensible Thema (wenigstens sollte es das sein ...) noch ein bisschen mehr zur medialen Schlammschlacht mutiert.
Willst du ihm vorwerfen, er soll sich hinsetzen und still sein, statt den Mund aufzumachen und seine Meinung zu vertreten, nur weil Ermittlungen gegen ihn laufen, die bisher zu keinerlei Schuldspruch geführt haben?
Ich werfe ihm vor, dass er sich ueber das Gesetz erhoben hat und dies auch noch mit staatsparanoidem Gefasel von einem BKA, dass angeblich Macht an sich ziehen wolle, zu legitimieren sucht. Damit schadet er dem Thema wie auch dem Rechtsstaat gleichermassen.
In Deutschland gilt nach wie vor jeder als unschuldig bis zum Schuldspruch durch einen Richter.
Hat irgendwer hier schon ein "Stoppschild" beim Aufruf einer Website gesehen? Wurde von irgendjemandem hier als direkte Folge des neuen Gesetzes der gute Ruf zerstoert oder auch nur die Wohnung durchsucht? Nein?
Wofuer genau muss sich Frau von der Leyen dann eigentlich den geballten Forumszorn gefallen lassen? Fuer ein Gesetz, das im besten Fall ein Thema wieder etwas weiter nach oben auf der Agende gebracht und im schlimmsten Fall ueberhaupt keine Auswirkungen hat?
Frau von der Leyen hat Pressevertretern KiPo-Bilder sogar am Beamer vorgeführt, obwohl deren Besitz und Verbreitung unter Strafe stehen. Entsprechende Verfahren gegen sie wurden innerhalb weniger Tage eingestellt.
Als Bundesministerin sehe ich sie und solche Handlungen (zeigen mittels Beamer ist kaum dasselbe wie Weitergabe an eine unbekannte Person) auch durch (5) des 184. StGB gedeckt - bei einem Mitglied des Unterausschusses "Neue Medien" nicht.
Es gibt auch noch andere Vereine, die keine Zweckvereine sind, und schon seit einigen Jahren existieren.
Und sich anders als MOGIS dabei nicht in medialer Aufmerksamkeit suhlen wie das sprichwoertliche Schwein im Mist.
Es geht mir auch nicht darum, Missbrauchsopfern anzudichten, sie seien ueberwiegend fuer Sperren. Nur darum, dass bitte kritisch hinterfragt werden sollte, wenn ploetzlich und passend zum Thema ein MOGIS aus dem digitalen Nichts erscheint und einem nach dem Munde redet. Tut praktisch niemand - bei der poesen Deutschen Kinderhilfe dagegen sofort. Warum ist das so?
Was hältst du denn davon, dass ein Verein wie Innocence in Danger, der hauptsächlich aus "von" und "zu" zu bestehen scheint, kostspielige Gala-Abende für den Adel veranstaltet und das als Spendengala bezeichnet(...)
Was kann das Individuum gegen Kinderpornographie tun? Genau. Eigentlich gar nichts. Hoechstens die Finger davon lassen um keinen Markt durch Nachfrage zu schaffen und sensibel fuer das sein, was im eigenen Umfeld geschieht. Wenn tatsaechliche oder Moechtegernprominente ihren Namen dafuer benutzen, dem Thema Aufmerksamkeit zu verschaffen und Geld fuer Vereine zu sammeln, die sich in diesem Feld engagieren - ist das dann schlecht?!
(...)der Bundesregierung einen ersten Gesetzentwurf samt falscher Zahlen liefert, die in den folgenden Wochen trotz eindeutiger Wiederlegung von Frau von der Leyen ständig wiederholt werden, und von einem Verein auf dessen Website auf jeder Seite ein Banner läuft mit dem Text "25 Milliarden $ jährlich mit Kinderhandel und Prostitution", der wahrscheinlich durch eine ebenso seriöse Studie zustande gekommen ist, wie die Zahlen zum gewerblichen KiPo-Vertrieb?
Genau das meinte ich mit "immer zwei Mal mehr Recht" haben wollen. Ich weiss nicht, ob diese Zahlen stimmen oder nicht - und Du auch nicht. Warum, hatte ich ja schon zu erklaeren versucht (Kontrolldelikt -> Dunkelziffer). Trotzdem nimmt diese eklige Zahlenklauberei einen erheblichen Teil der Diskussion ein. Warum? Und spielt es am Ende des Tages wirklich eine Rolle, ob 25 Milliarden, 25 Millionen oder nur 250 € damit verdient werden?
Wie wir mit dem Leid derer umgehen, die sich nicht selbst helfen koennen, bestimmt mit, wie ethisch diese Gesellschaft ist. Und die Antwort auf diese Frage wirst Du auf keinem Kontoauszug finden.
Die Bundesregierung und die aktuelle Protestbewegung wollen beide dasselbe.
Stimmt (soweit es Kinderpornographie angeht) und stimmt nicht (wenn es um ein unkontrolliertes Internet geht).
Ich glaube nicht, dass unsere Politiker bewusst und gezielt eine Internetzensur aufbauen wollen.
Ich auch nicht. Worauf fusst dann der unerschuetterliche Glaube, dass es trotzdem so kommen wird?
Es geht mittelfristig darum, dass unsere Volksvertreter im elektronischen 21. Jahrhundert ankommen.
Und die (Straf-)Gesetzgebung samt der Moeglichkeiten der Exekutive dazu.
Mit der GEMA-Debatte, die jetzt anfängt und der damit einhergehenden grundsätzlichen Thematik die Rechteverwertung mit dem Internet unter einen Hut zu bringen, steht wohl eine noch wichtigere gesellschaftliche und kulturelle Debatte bevor.
Zu der ich eine ganz eigene Meinung habe. Die vermutlich auf aehnlich wenig Gegenliebe stossen wuerde.
Wäre gar nicht mal so abwegig, das zu vermuten. Stichwort Testkäufer...
Ein Testkaeufer begeht keine Ordnungswidrigkeit (Geschwindigkeitsuebertretung) oder Straftat (Verschaffung von kinderpornographischem Material). Das tut allenfalls der Ladeninhaber, der einem 15jaehrigen Fusel verkauft. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Wer Kompromisse will, darf sich aber gerne weiterhin auf die Rot-Schwarze Politik einen ___________ (zensiert, höhö)
Kompromisse sind also fuer Dich nicht der richtige Weg? Was dann? Eine Diktatur der realexistierenden Klugscheisser ueber die vermeintlich Ahnungslosen?
Dazu zählte auch das politische Desinteresse. Wir befinden uns hier gerade an einem Wendepunkt.
Ganz im Gegenteil. Zumindest definiere ich es nicht als "politisch interessiert" oder gar "aktiv", wenn man alle Jahre sein Kreuzchen bei den PIRATEN macht (deren Vorsitzender "eben auch mal Krieg spielen" will; Zitat "Unter den Linden"), bei einer Petition klickt (die viele vermutlich nicht einmal gelesen haben) oder in Foren sich unter blumigen Pseudonymen in Rage schreibt. Fernsehcouchdemokratie trifft es wohl ganz gut. Einziger erwaehnenswerter Nebeneffekt ist eine Zerfaserung in viele kleine Parteien, die in schmalen Nischen extreme Positionen beziehen, den Egoismus ihrer Klientel formulieren und Mehrheitsbildung (also das Schliessen der von Dir so ungeliebten Kompromisse) immer schwieriger machen.
Ist vielleicht ganz gut, dass es 1989 noch kein Internet gab - ansonsten wuerde ich wohl heute noch hinter einem antifaschistischen Schutzwall leben.
EDIT: Vertippt.