Im Westen nichts Neues (USA 1930) 10/10
Um es ganz ehrlich zu sagen: Wenn ich nur einen Film nennen dürfte, welcher den bleibendsten Eindruck hinterlassen hat, seitdem ich Filme schaue, dann wohl ganz klar für mich "Im Westen nichts Neues".
Ja, der Film ist hochbetagte 88 Jahre alt, und trotzdem bleibt er zeitlos. Ja, auch danach gab es noch mehr als genügend hervorragende Antikriegsfilme, aber dieser hier ist von solch einer inszenatorischen Wucht und Authenzität, man sollte es einmal im Leben selbst gesehen haben.
Es war nur drei Jahre, bevor ein gewisser Adolf Hitler und seine NSDAP an die Spitze des Deutschen Reiches gewählt wurden (und natürlich wurde der Film von über 2h auf brutale 90 Min. heruntergekürzt, denn Zweifel am Krieg und Pazifismus sind noch jedem Regime ein Dorn im Auge) - und, schon fast prophetisch, zeigt der Film den kommenden Abgrund auf.
Junge Männer, eigentlich noch Kinder, kaum der mütterlichen Brust entwöhnt, welche aufgepeitscht durch kriegsvernarrte Ältere und andere Respektspersonen in den 1. WK ziehen - und dem Irrtum erliegen, in ein paar Wochen ist der ganze Spuk vorbei. Oh, wie sie sich doch schmerzhaft irren sollten, denn der Horror sollte geschlagene vier Jahre dauern, aber dies ist eine andere Geschichte.
So erleben wir also den jungen, idealistischen Paul Bäumer, frisch mitsamt den anderen Gymnasiasten den schulischen Abschluss in der Tasche, wie sie alle in den Krieg geworfen werden. Ja, buchstäblich - und schnell weicht die anfängliche Fröhlichkeit der harten Realität.
Ich weiß, viele werden diesen relativ langen Text nicht lesen, aber dennoch: Alle wir, die wir nie einen Krieg miterleben mussten, alle wir, die wir Krieg nur aus den Erzählungen unserer Altvorderen kennen: Wir sollten uns dankbar schätzen, denn egal wie viele Filme, Dokumentationen und Bücher wir dazu gesehen und gelesen haben mögen - die Realität war noch viel grausamer.
Um nochmals auf den Film zurück zu kommen: Die Frauen früher, ich weiß nicht was es ist, aber sie hatten irgendwie so eine Ausstrahlung, die man heute nicht mehr antrifft. Ganz zauberhaft.
Superb gecastete Typen mit echten Kanten und Macken, die die Soldaten verdammt authentisch spielen (kein Wunder, der 1. WK war ja erst 12 Jahre her, da ändert sich innerhalb einer Generation so schnell das ganze Auftreten nicht).
Die Väter des Grundgesetzes, selbst tief unter dem Schock und Leid des zusammengebrochenen NS-Regimes stehend, wussten, warum "Nie wieder Krieg" ihr gemeinsames Leitbild über Parteigrenzen hinweg sein sollte - etwas, was über 70 Jahre nach Kriegsende bei immer mehr Sockenpuppen der aktuellen "Politelite" scheinbar nicht mehr zählt, da lästig und im Wege stehend.
Seht euch dieses Ausnahmewerk an - und folgt niemals blindlings eurer Regierung, weil sie es so will. Denn selbst sind sie nur feige und erbärmlich.
Nachtrag in eigener Sache: Ich war noch klein, vielleicht so 5, 6 oder 7, als mir zum ersten Mal gewahr wurde, wie mein nunmehr schon vor über 20 Jahren verstorbener Opa (ein Berg von einem Vierschröter) nachts aufwachte und schrie, als ob er den Leibhaftigen gesehen hätte.
Erst später erfuhr (und verstand) ich: Es waren Narben aus dem Krieg. Narben auf der Seele.