Dachte man vor wenigen Jahren noch an MMORPG´s, so dachte man vornehmlich an ein kleines Nischengenre wo einige wenige Verrückte wochenlang in graphisch sehr rückständigen Spielen herumtorkelten und der vielbeschworene “Content” eigentlich nur das war, was die Spieler selbst auf die Beine gestellt haben.
Denn als z.B “Ultima Online” 1997 erschien gab es mitnichten eine Unzahl epischer Gegner und Aufgaben, sondern vielmehr einige wenige Dungeons,dafür aber einen sehr intensiven (Wirtschafts)Kreislauf in dem die Spieler gezwungen waren sehr aktiv miteinander zu interagieren und man wirklich eine Schenke führen konnte, oder in den Wald ging um Holz zu fällen.
Langsam aber entwickelte sich das Genre hin zu einer gewissen Massentauglichkeit, so hatte das 2001 erscheinende “Dark Age of Camelot” schon früh mehrere hunderttausend Abonnenten und auch eine klare Ausrichtung (auf PvP) die einige Spieler aus anderen Genres anziehen konnte. Generell konnte Titel um Titel mehr Spielerpotential abrufen, auch wenn ein gewisses Familiengefühl auf den Servern stehts genauso erhalten blieb wie die Epik auf die das ganze Genre stets gründete.
Dann jedoch, erschütterte erdbebengleich 2004/05 “World of Warcraft” die gesamte Szene und schuf in jederlei Hinsicht neue Superlative. Eine für damalige Verhältnisse sehr ansehnliche Graphik, neue Arten von Erzählweisen durch spezielle Quests & das “Raiden” in großen instanzierten Dungeons waren vielleicht nicht in jeder Hinsicht revolutionär, aber Blizzardtypisch überall ein wenig ausgereifter, als man das bisher gewöhnt war. Allerdings war auch “World of Warcraft” in einer Hinsicht recht traditionell behaftet, nämlich in der Epik und dem notwendigen Zeiteinsatz. Ein jeder WoW-Spieler der ersten Stunde wird sich noch an durchfarmte Nächte in Tyrs Hand errinern, das verfluchen der Onyxia-Queste, oder zumindestens doch an wieder und wieder verschwendete Zeit im Molten Core, als wiedermal nur Hexersetteile droppten…
Ja, man hat das damals wirklich verflucht und Blizzard fing an das Spiel und damit auch alle anderen MMORPG´s zu verändern. Alles wurde einfacher, zugänglicher & verständlicher. Aus Herausforderungen wurden frei anpassbare Schwierigkeitsgrade, statt Farmen kamen die Dailyquests auf und lästige Counterklassen wurden einfach durch eine stetige Annäherung aller Klassen zueinander aus dem Spiel verbannt. Eigentlich wurde alles Nervige und Komplizierte aufgeweicht und durch innovative Neuerungen ersetzt. Und durch die ungemeine Marktpolitische Wirkung die WoW auf alle anderen Vertreter des MMO-Sektors hat ähnelt heute jedes neue Spiel WoW, zumindestens im Kern, sehr deutlich.
Heile neue Welt, also?
Nein – leider nicht – denn WoW und Blizzard haben einen entscheidenden Fehler begangen. Vereinfachung, oder auch bösartig “Casualisierung” locken zwar einen völlig neuen Spielertyp an, sorgen aber auch für etwas, für das der moderne Gamer ohnehin steht, nämlich für extrem schnelle FRUSTRATION! Jeder ältere Core-Gamer wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass ich heute viel viel schneller frustriert bin, wenn ich an neue Spiele herangehe, als das früher der Fall gewesen wäre. Sich in neue UI´s einarbeiten? Keine Lust. Skillungen selbst ausprobieren? Gibts hier keinen Talentplaner, oder was? Die Stimmung oder Atmossphäre eines neuen Spiels kennenlernen? Lol, hier gibts keine Raidbosse?!
Ich habe mir früher, als ich die Sprache noch kaum konnte, sogar englische Spiele selbst beigebracht, habe durch ewiges herumprobieren Funktionen erschlossen und durchaus meinen Spass gehabt, aber all das hat die Entwicklung von WoW mir versaut. Es ist natürlich die Frage ob man Blizzard für eine derartige Entwicklung wirklich schelten kann, aber jeder der heute noch “begeistert” von WoW ist, sollte sich einmal fragen, warum das so ist? Ist es wirklich reizvoll, wenn ein Spiel so Einsteigerfreundlich ist, dass es einem jedwede Arbeit abnimmt? Ist es spielenswert, wenn man sich doch nie abheben kann und jeder das exakt Gleiche tut?
Reallife-Vergleiche sind oft verpöhnt, aber warum eigentlich, bei einem Spiel? Ich für meinen Teil würde niemals Fussball spielen, wenn alle gleich gut wären, auch würde ich niemals Monopoly anfassen, wenn der Verlierer eigentlich auch gewonnen hat und ich würde jede Geisterbahn meiden, in der die Monster nur fröhlich winken und mich mit Bonbons überschütten. Ein Spiel definiert sich auch immer durch seine Herausforderung und durch den Wunsch des Spielers etwas zu erreichen und eben das bietet WoW objektiv nur noch sehr bedingt. Es ist zwar etwas grotesk, dass ausgerechnet das bisher kompletteste Spiel des Genres selbiges so verändert hat, dass es für die alten Core-Gamer kaum noch spielbar ist, aber abgesehen von aller Diskussion über “Fakecontent” und Stimmungsverlust kann man eines definitiv festhalten – die Dauerhafte Vereinfachung jedweder Spielerfahrung mag zwar leider zur Gesellschaftsentwicklung passen, nimmt aber zumindestens meinen Lieblingsspielen jedwede Existenzgrundlage…