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Trotz eines rasanten Wachstums in den vergangenen Jahren fristet Huawei noch immer eine Art Schattendasein. Dabei bot der mittlerweile drittgrößte Smartphone-Hersteller zuletzt immer wieder gute Geräte zu attraktiven Preisen, einzig der letzte Funke wollte nicht überspringen. Dies soll nun aber dem P8 gelingen, das als erstes Smartphone der Chinesen nicht nur auf einen Familiennamen verzichten muss, sondern auch direkt gegen Apples und Samsungs aktuelle Aushängeschilder positioniert wird.
Dabei wurde am Prinzip der P-Reihe, der nun kein „Ascend“ mehr vorangestellt wird, nichts verändert: Ein Display der 5-Zoll-Klasse, ein schneller SoC aus eigener Fertigung sowie eine Kamera mit einigen Zusatzfunktionen. Und damit dem Interessenten nicht nur auf technischer, sondern auch auf emotionaler Ebene begegnet wird, steht das gesamte Gerät unter dem Oberbegriff Kreativität. Dieses Mal soll der Funke überspringen.
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Ausstattung mit kleinen Lücken und gutem Klang
Beim Blick auf die Ausstattung gelingt dies zunächst jedoch nur bedingt. Zwar klingen 3 GB RAM sowie ein Big.Little-basierter Octa-Core-SoC mit 64-Bit-Unterstützung vielversprechend, WLAN nach n-Standard und nur im 2,4-GHz-Netz hingegen nicht. Aber auch Full HD bei 5,2 Zoll messendem Display wirkt im Vergleich mit dem Galaxy S6 leicht angestaubt - auch wenn dessen hoher Pixel-Dichte der Alltagsnutzen fehlt. Grundsätzlich aber ist das P8 komplett ausgestattet. Das LTE-Modem unterstützt Cat 4 und bietet damit Download-Raten von bis zu 150 Mbit pro Sekunde, das Bluetooth-Modul versteht sich auf die aktuelle Version 4.1 und der NFC-Chip bietet die für den Einsatz als Zahlungsträger notwendige Zertifizierung. Darüber hinaus stecken im Gehäuse die üblichen Sensoren, auf die Erkennung von Puls oder Fingerabdruck muss man aber verzichten; letzteres überrascht vor allem aufgrund der überzeugenden hauseigenen Lösung, die im Ascend Mate 7 steckt. Am unteren Rand des aktuell üblichen bewegt man sich beim internen Speicher, hier muss der Nutzer mit 16 GB auskommen oder per microSD-karte nachrüsten. Je nach eigener Anforderung kann dies ein Vor- oder Nachteil sein. Denn prinzipiell ist der Karten-Slot auch für einen zweiten SIM-Chip nutzbar, allerdings nicht im deutschen Modell des P8, hierzulande muss - oder kann - man den Speicherausbau also nicht opfern.
Gedanken hat man sich über die Telefonieeigenschaften des Smartphones gemacht. Denn nicht nur die obligatorische Geräuschunterdrückung ist vorhanden, auch beim Nutzen eines Headsets sollen Wind und anderes zuverlässig herausgefiltert werden. Möglich wird dies durch einen DSP, der im Test zuverlässig arbeitete - die Qualität beim Telefonieren mit Handy am Ohr wird aber nicht ganz erreicht. Eine andere Telefonfunktion dürfte die Masse hingegen nicht nutzen: Wird das Gerät im Freisprechmodus verwendet, sollen dies in Sachen Qualität auch in Gruppen überzeugen. Laut Huawei können bis zu 2 m zwischen P8 und Sprecher liegen, ohne größere Einbußen zu provozieren. Hier zeigte sich das Testgerät aber sehr empfindlich bezüglich der Umgebungsgeräusche, lediglich unter optimalen Bedingungen ließ die Qualität nicht zu wünschen übrig. Insgesamt ist es aber als sehr positiv zu bewerten, dass sich ein Hersteller verstärkt und die originäre Aufgabe eines Handys kümmert. Pluspunkte sammelt man aber auch mit den beiden im unteren Rand untergebrachten Lautsprechern. Zwar erreichen diese nicht das von HTC her bekannte Niveau, klar über dem Durchschnitt liegt man in puncto Lautstärke und Frequenzbereich aber dennoch.
Eigener SoC mit viel Leistung, aber ohne Podestplatz
Eine kleine Premiere feiert der SoC des P8. Denn erstmals verbaut Huawei den hauseigenen Kirin 930 in einem Smartphone, bislang beschränkte man sich auf den Einsatz im MediaPad X2, das auf dem MWC im März vorgestellt wurde. Prinzipiell entspricht der Chip Samsungs Exynos 7420 und Qualcomms Snapdragon 810, denn auch im Kirin 930 stecken je vier Cortex-A53- und -A57-Kerne, was den SoC 64-Bit-tauglich macht. Dank Big.Little-Technik können die einzelnen Kerne bedarfsgerecht getaktet werden, eine weitere Parallele.
Es gibt aber auch kleinere und größere Unterschiede. So setzt Huawei auf vergleichsweise konservative Maximal-Taktungen von 1,5 und 2,0 GHz (A53/A57) sowie eine GPU vom Typ Mali-T628 MP4. Diese ist nicht nur eine Generation älter als die Grafikeinheit des Exynos 7420, sondern muss sich auch der Adreno 430 des Snapdragon 810 geschlagen geben. Deutlich wird dies in den Benchmarks. Im 3DMark (Ice Storm Unlimited) erreicht der Chip im P8 rund 11.100 Punkte, das Galaxy S6 mit Exynos 7420 schaffte im Test knapp das Doppelte, das HTC One M9 mit Snapdragon 810 immerhin 90 Prozent mehr. Insgesamt betrachtet ist der SoC aber durchaus potent. AnTuTu bescheinigt rund 47.000 Punkte, PCMark für Android spricht von annähernd 4.600 Punkten. Probleme bereiten dem P8 aber die beiden Browser-lastigen Tests Sunspider und Browsermark 2.0. Hier reicht es mit gut 1.300 ms und etwa 880 Punkten nur für allenfalls mittelmäßige Resultate. Aber: Auch das Galaxy S6 und One M9 konnten in beiden Testprogrammen nicht überzeugen.
Dass die beiden genannten Konkurrenten in Sachen Leistung insgesamt aber vor dem P8 landen, liegt auch am Arbeitsspeicher. Denn während Huawei noch wie vor auf LPDDR3 setzt, können die beiden anderen Geräte den weitaus schnelleren LPDDR4-RAM nutzen. Zwischen beiden Geräten kann sich das P8 aber hinsichtlich der Fertigungsbreite positionieren. Während Samsung 14 und Qualcomm 20 nm bietet, setzt Huawei auf 16 nm. Den Vorteil der höheren Energieeffizienz dürfte man jedoch mit der GPU verschenken.
Den Nutzer dürften die Details nur am Rande interessieren. Denn im Alltag offenbart das P8 keinerlei Schwächen. Die Benutzeroberfläche wird flüssig dargestellt, auffällige Ladezeiten gibt es nicht. Und auch bei anspruchsvollen Applikationen erreicht das Smartphone seine Grenzen derzeit noch nicht - auch, weil mit Android 5.0.2 die 64-Bit-Fähigkeiten des SoCs genutzt werden können. Ein immer wichtiger werdender Aspekt auch bei Smartphones: Hitzeprobleme ließen sich im Test nicht erkennen. In der PCMark-Testschleife gab es hinsichtlich der Leistungen keine unüblichen Abweichungen, in der Spitze wurden lediglich rund 37 Grad Celsius erreicht.