TEST

Huawei nova 2 im Test

Kein Selfie-Superstar

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Ablösung nach einem Jahr: Mit dem nova 2 frischt Huawei seine noch junge Mittelklassefamilie auf und sorgt für Irritationen. Denn das, was im neuen Modell steckt, hätte man bereits im Frühjahr unter anderem Namen erwartet. An den Qualitäten des neuen Modells ändert das nichts, zu viel darf man vom Generationswechsel aber auch nicht erwarten, wie der Test zeigt.

Zunächst einmal gilt es, den Überblick zu bewahren. Denn so dicht wie derzeit war das Gedränge in Huaweis Mittelklasse noch nie - dabei klammern wir die Tochter Honor sogar noch aus. Orientiert man sich der Einfachheit halber an den unverbindlichen Preisempfehlungen, markiert das P8 lite 2017 mit 239 Euro den Einstieg. Es folgt für 349 Euro das P10 lite, das im Test nicht völlig überzeugen konnte. Unter anderem, da es kaum Parallelen zum Namensspender gibt. Die wiederum findet man beim neuen nova 2, das für 399 Euro startet und somit 20 Euro teurer als der Vorgänger ist.

Vorgestellt wurde das nova 2 bereits Ende Mai, damals allerdings lediglich für den chinesischen Markt. Den Deutschlandstart kündigt Huawei dann vor zwei Wochen an, im Handel soll das Smartphone in diesen Tagen verfügbar werden. Damit hat der Vorgänger fast genau ein Jahr durchgehalten. Im Test konnte das nova seinerzeit vor allem durch seine Ausgewogenheit punkten, Schwächen gab es nur wenige.

Nun aber hat Huawei eine wichtige Änderung am Konzept vorgenommen. Zwar verbaut man weiterhin typische Mittelklasse-Komponenten, setzt aber auch anders als vor einem Jahr auf eine Dual-Kamera-Lösung auf der Rückseite. Genau das löst die Irritation aus. Denn während die beiden genannten lite-Modelle hinten anders mit einer Linse und einem Sensor auskommen mussten, erhält das nova 2 nun zwei. Die Rolle des günstigen P10 übernimmt somit das nova 2. Verstehen muss man diesen Schritt nicht.

Neue Optik

Schon das Gehäuse rückt das nova 2 dichter an das P10 als das P10 lite. Denn vom derzeitigen Topmodell übernimmt das neue Smartphone viele Designelemente. Beispielhaft sei hier auf die Linienführung der Antennen-Isolatoren am unteren und oberen Ende verwiesen, ebenso so auf die fehlende farbliche Trennung auf der Rückseite im Bereich der Kamera. Das führt dazu, dass nova und nova 2 rein optisch nahezu keine Verwandschaft aufweisen. Immerhin: Der Finderabdrucksensor sitzt auch beim neuen Modell wieder auf der Rückseite.

Der ist auch einer der wenigen Eyecatcher. Denn insgesamt fällt das Gehäuse eher schlicht aus, dennoch wirkt es frischer und moderner als noch beim ersten nova. Das liegt zu einem guten Teil aber auch an den Farben, vor allem in Bezug auf die blaue Variante.

Bei den Maßen hat sich innerhalb eines Jahres kaum etwas getan. Mit 142,2 x 68,9 x 6,9 mm fällt das nova 2 zwar minimal länger aus, gleichzeitig ist es aber auch ein wenig schmaler und dünner. Das bemerkt man allerdings nur im direkten Vergleich und bei sehr genauem Hinschauen.

Bezüglich der Position von Tasten und Buchsen hat sich nur in einem Punkt etwas geändert. Der Audio-Anschluss ist nun im unteren Rand untergebracht, die Tasten für Lautstärke und Standy befinden sich hingegen wieder am rechten Rand; der Fingerabdrucksensor wie erwähnt auf der Rückseite. Das Daten- und Ladekabel wird am unteren Rand platziert, hier bleibt es bei USB Typ-C,

An der Verarbeitung des komplett aus Aluminium bestehenden Gehäuses gibt es nichts auszusetzen. Ungleiche Spaltmaße oder scharfe Kanten gibt es nicht, alle Tasten sowie der Schlitten für SIM- und Speicherkarte fügen sich optimal ein und bieten kein überflüssiges Spiel.

Etwas schlechter schneidet das nova 2 in Bezug auf die Ergonomie ab. Aufgrund des komplett runden Rahmens bietet das Smartphone seitlich in der Hand nur wenig Angriffsfläche, gleichzeitig ist die Rückseite glatt. Die Bedienung mit nur einer Hand gelingt lediglich dann, wenn der Nutzer über extrem lange Finger verfügt, was auch an der eher schwachen Ausnutzung der Front liegt; das Display nimmt nur rund 70 % ein. Dafür sind die Tasten am rechten Rand gut angeordnet und mit 143 g ist das nova 2 nicht zu schwer.

Neuer SoC mit geringem Plus

Ein Leistungsplus gegenüber dem P10 lite und nova verspricht der verbaute SoC. Der hört auf den Namen Kirin 659 und wirkt entsprechend wie eine verbesserte Version des Kirin 658, der im P10 lite steckt. Doch die Daten, die Huawei zur Verfügung stellt, deuten lediglich auf einen Wechsel der Bezeichnung, nicht aber auf essentielle Änderungen am Chip hin. Schließlich bleibt es bei acht CPU-Kernen vom Typ Cortex-A53, die in zwei Cluster aufgeteilt sind, und der GPU Mali-T830 MP2. Und auch die Taktraten stimmen überein. Das langsamere der beiden CPU-Cluster erreicht das Maximum bei 1,7 GHz, das schnelle bei 2,36 GHz; die GPU erreicht 900 MHz.

Dennoch rechnet das nova 2 in allen CPU- und GPU-Benchmarks schneller als das P10 lite, auch wenn der Vorsprung in der Regel lediglich 1 bis 4 % beträgt. Von Messtoleranz kann aufgrund der klaren Tendenz nicht gesprochen werden, eine Erklärung für die Mehrleistung gibt es allerdings auch nicht; Details zum SoC konnte Huawei bislang nicht nennen. Es bleibt also bei Mutmaßungen, auch hinsichtlich solcher Details wie dem Fertigungsverfahren (16 nm FinFET+?), dem Modem (LTE Cat 6?) und dem verwendeten Speichertyp (LPDDR3?). Fest steht lediglich, dass der Arbeitsspeicher 4 GB fasst und sich das Leistungsplus auch so nicht erklären lässt. Immerhin steckt im P10 lite die gleiche Menge an RAM.

Für die Praxis werden weitergehende Daten nicht benötigt, aber auch die deutet klar darauf hin, dass es sich lediglich um einen minimal überarbeiteten SoC handelt. Im 3DMark reicht es für etwa 12.200 und 620 Punkte (Ice Storm Unlimited und Slingshot), in AnTuTu 6 für knapp 63.700 Punkte. Die Single-Thread-Leistung bewertet Geekbench 4.0 mit knapp 900 Punkten, die Multi-Thread-Leistung mit gut 3.400 Punkten. Das sowie die von GFXBench ausgegebenen 8 und 19 fps in Manhattan und T-Rex (jeweils 1080 Offscreen) zeigen deutlich, dass das nova 2 keine mobile Spielkonsole ist, sich bei den ganz alltäglichen Dingen sehr gut schlägt.

In grafikintensiven Spielen hat das Smartphone mitunter seine liebe Mühe, das war beim P10 lite nicht anders. Beim Browser, der Wiedergabe von Videos oder ähnlichen Aufgaben gab es im Laufe des Tests hingegen keine negativen Auffälligkeiten. Probleme mit der Darstellung gehören bei Huaweis Mittelklasse-Geräten schon länger der Vergangenheit an. Selbst die Ladezeiten hielten sich in Grenzen, auch wenn nur ein eMMC-Datenträger zum Einsatz kommt. Der schafft laut PCMark beim Lesen und Schreiben maximal ca. 230 und 135 MB/s, Androbench spricht von 145 und 130 MB/s.