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Die Radeon R9 Fury X soll AMD wieder zurück in die Erfolgsspur bringen. Dies soll nicht bedeuten, dass man nicht auch bis zuletzt noch gute Grafikkarten angeboten hat, doch in Sachen Leistung und Effizienz konnte sich NVIDIA durch die 2. "Maxwell"-Generation etwas Luft verschaffen. Für AMD galt es also diesen Vorsprung zumindest zu egalisieren. Alle paar Jahre gibt es auch bei den GPUs einen größeren Entwicklungsschritt, der über eine kleinere Fertigung und eine veränderte Architektur hinaus geht. High Bandwidth Memory ist eine solche Technologie. Die Breite des Speicherinterfaces wird auf einen Schlag verachtfacht (512 Bit zu 4.096 Bit) und die Speicherbandbreite kann um 60 Prozent gesteigert werden.
Doch HBM fährt noch mit angezogener Handbremse. Die Speicherkapazität ist auf 4 GB begrenzt und das riesige Speicherinterface lässt eigentlich auf mehr als "nur" 512 GB pro Sekunde hoffen. Die meisten Punkte im Zusammenspiel mit HBM lassen sich wohl als Problem der 1. Generation abtun. Hier werden wir in den kommenden Monaten bzw. im nächsten Jahr die Entwicklungsschritte verfolgen können, die HBM zu einem echten Ersatz von GDDR5 machen.
Die Erwartungen an die neue GPU-Generation von AMD waren hoch. 20 bis 30 Prozent sollte sie über der schnellsten NVIDIA-Grafikkarte liegen. Diese Erwartungen wurden allerdings nicht von AMD in diese Richtung geschürt, sondern waren vielmehr ein Verlangen einer hungrigen Käuferschaft. Dass sie unrealistisch sind, dürfte den meisten dabei bewusst sein. AMD liefert mit der Radeon R9 Fury X eine Leistung auf Augenhöhe mit der GeForce GTX 980 Ti. Je nach Benchmark liegt die GeForce GTX 980 Ti vorne, mal die Radeon R9 Fury X. Ein klarer Sieger ist dabei nicht auszumachen. Gerade in UltraHD/4K sollte die Radeon R9 Fury X ihre Stärken durch das breite Speicherinterface sowie die 4.096 Shadereinheiten ausspielen, doch einen klaren Vorteil können wir auch hier nicht ausmachen. Auf den "nur" 4 GB großen HBM angesprochen, verweist AMD auf die geringe Speichernutzung der meisten Spiele sowie die Tatsache, dass dies mit dem breiten Speicherinterface sowie der reinen Rechenleistung kompensiert werden könne. Doch zunächst einmal stellt sich die Leistung so dar, dass man zumindest mit der GeForce GTX 980 Ti aufgeschlossen hat und dies darf als ein positives Zeichen verstanden werden. Die 4 GB HBM stellen in dieser Hinsicht keine Hürde dar.
Die Kühlung der Radeon R9 Fury X ist ein eigenes Kapitel. AMD hat sich für eine integrierte Wasserkühlung entschieden und es gibt eigentlich nur einen Grund, warum man dies tut: Um die Leistung der Karte in der aktuellen Form sicherstellen zu können, ist eine solche Lösung notwendig. Die Radeon R9 Fury X hätte sich sicherlich auch als luftgekühlte Varianten realisieren lassen. Nun muss eine integrierte Wasserkühlung nichts Schlechtes sein, doch die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass dann auch die Qualität stimmen muss. Nichts ist schlimmer als ein Wasserkreislauf, der nach wenigen Monaten anfängt seltsame Geräusche zu machen - weil sich der Füllstand trotz geschlossenem Kreislauf geändert hat oder andere Probleme auftreten. Unser Sample der Radeon R9 Fury X fiel vor allem durch ein extrem helles Surren der Pumpe auf. Auch andere Samples der Karte sollen sich ähnlich verhalten, sodass davon ausgegangen werden kann, dass alle Karten davon betroffen sind. Bei einer Karte für 750 Euro ist das eigentlich nicht hinzunehmen, zumal es auch anders geht. AMD hat uns aber darüber informiert, dass die Retail-Karten gesondert geprüft werden und derartige Probleme dort nicht auftreten sollten. Ansonsten gibt es an der Kühlung wenig auszusetzen. Sie hält die GPU unter Last bei unter 60 °C und damit immer auf den vollen Taktraten. Während der Idle-Betrieb noch kein herausragendes Merkmal in Sachen Lautstärke ist, kann die Kühlung unter Last ihre Stärken ausspielen.
Leider müssen wir noch ein paar Kritikpunkte anbringen. Dazu gehört auch, dass AMD die Radeon R9 Fury X mit ihren kompakten Abmessungen bewirbt, dieser Vorteil aber durch den Radiator samt Lüfter eigentlich wieder egalisiert wird. Die meisten Nutzer dürften kein Problem damit haben, einen Platz für den Radiator zu finden, doch ein Vorteil aufgrund der Größe der Karte erschließt sich uns nicht. Hier dürften die geplanten und luftgekühlten Modelle Radeon R9 Fury und R9 Fury Nano deutlich interessanter sein. Aufgrund der beworbenen Größe der Karte recht unverständlich ist der Einsatz von HDMI 1.4. Gerade die kompakten Abmessungen laden dazu ein, eine solche Karte in direkter Nähe zum heimischen Fernseher zu positionieren. Ohne HDMI 2.0 ist man dann allerdings auf 24 bzw. 30 Hz bei UltraHD/4K limitiert.
Die Radeon R9 Fury X hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Die Leistung stimmt, zumindest wenn die Ansprüche vorher auf einem realistischen Level gehalten wurden. Eine Wasserkühlung einzusetzen ist dabei grundsätzlich keine schlechte Idee, allerdings müssen dann auch die Grundvoraussetzungen stimmen. Den Platz für den zusätzlichen Radiator sollte man sich freihalten und auch leise ist eine integrierte Wasserkühlung nicht immer. Die Radeon R9 Fury X scheint hier im Besonderen von einer lauten Pumpe negativ beeinflusst zu sein.
Bleibt noch die Frage nach dem Preis. 699 Euro ruft AMD als unverbindliche Preisempfehlung auf. Damit positioniert man sich unter der GeForce GTX 980 Ti, allerdings sind in den vergangenen Tagen und Wochen die Marktpreise dieser Karte stark in Bewegung geraten. Ab 675 Euro sind Referenzversionen der GeForce GTX 980 Ti bereits zu bekommen, wer aber wert auf ein Custom-Design legt muss 20 bis 30 Euro drauflegen und landet dann wieder genau bei der Radeon R9 Fury X. In Sachen Leitung und Preis sind beide Grafikkarten sich also ebenbürtig. AMD liefert mit der verbauten Wasserkühlung aber ein Argument, das viele ansprechen dürfte. NVIDIA hat den Vorteil der schnelleren Custom-Karten auf seiner Seite. Es gilt also wieder einmal aufgrund der persönlichen Vorlieben eine Abwägung vorzunehmen.
Alternativen? Die Alternativen sind offensichtlich. NVIDIA bietet mit der GeForce GTX 980 Ti ein ebenbürtiges Produkt, dass zumindest in der Referenzversion auch preislich eine Alternative darstellt. Da die Radeon R9 Fury X wohl auf die Referenzversion festgelegt ist, bietet die GeForce GTX 980 Ti auch eine größere Auswahlmöglichkeit - hier hat der potenzielle Käufer die Wahl zwischen unterschiedlichen Taktungen und Kühlungen. Dann allerdings muss man auch mit einem Aufpreis rechnen.
Positive Aspekte der AMD Radeon R9 Fury X:
- Leistung auf Niveau aktueller NVIDIA-Hardware
- UltraHD/4K-Auflösungen in den meisten Fällen möglich
- Anti Aliasing und anisotropische Filterung durchgehend möglich
- Frame Rate Target Control
- Virtual Super Resolution
- neue Speichertechnologie HBM (High Bandwidth Memory)
Negative Aspekte der AMD Radeon R9 Fury X:
- nur 4 GB Grafikspeicher
- laute (helle) Betriebsgeräusche der Pumpe
Persönliche Meinung
Die Radeon R9 Fury X ist in Sachen Leistung für mich keine große Überraschung - echte Wunder habe ich von den 1. Generation mit High Bandwidth Memory noch nicht erwartet. Es ist aber schön zu sehen, dass AMD wieder mithalten kann. Noch interessanter aber dürfte das werden, was der Radeon R9 Fury X folgen wird. Die Radeon R9 Fury könnte kompakt, luftgekühlt und mit einem deutlich besseren Preis/Leistungsverhältnis daherkommen. Mehr Leistung auf kleinerem Raum soll auch die Radeon R9 Fury Nano bieten können.
Aber noch einmal zurück zur Radeon R9 Fury X bzw. der "Fiji"-GPU. Die Fertigung der GPU sowie der Einsatz von HBM ist der eigentlich interessante Teil an der Karte. Der Interposer ist eine interessante Technologie, die gleichzeitig eine große Herausforderung an AMD und die Partner war und ist. Nicht mehr nur die Strukturen und die Fertigung der GPU spielen eine wichtige Rolle, der Interposer mit den TSVs ist das eigentliche Kernelement in der Zusammenarbeit zwischen GPU und HBM. Diese Technologien werden wir in Zukunft noch häufiger sehen, spätestens 2016 springt auch NVIDIA auf den HBM-Zug auf.
Abschließend noch ein paar Worte zu dem, was uns während der Computex an Details zur Radeon R9 Fury X herangetragen wurde und was wir hier auf Hardwareluxx.de veröffentlicht haben: Wir konnten und wollten damals keine Details zur Leistungseinschätzung nennen, haben aber Zahlen gesehen, die zu einer solchen Aussagen geführt haben. In Anbetracht der heutigen Ergebnisse lässt sich die Aussage isoliert auf einige Werte (z.B. den Futuremark 3DMark) bestätigen. Nun ist der 3DMark kein alleinstehendes Merkmal für die Leistungseinschätzung einer Grafikkarte, aber die Schelte die wir damals bekommen haben, steht heute wohl auch in einem anderen Licht. (Andreas Schilling)