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ASUS NovaGo im Test

Die Zukunft heißt Windows on ARM

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Wer PC sagt, muss auch AMD oder Intel sagen. Denn ob Desktop-Rechner oder Notebook: Ohne Prozessor der beiden Unternehmen geht nichts. Damit soll künftig aber Schluss sein, zumindest teilweise. Mit Windows on ARM startet eine Alternative, hinter der sich in erster Linie Qualcomm, ARM und Microsoft verbergen. Für erste Gehversuche hat man sich den Markt der kompakten Notebooks ausgesucht, die in erster Linie für mobilen Einsatz mit Office und Co. gedacht sind. Denn vor allem in diesem Szenario soll der aus diversen Smartphones bekannte Snapdragon 835 seine Stärken ausspielen und die x86-Konkurrenz unter Druck setzen. Wie gut das funktioniert, zeigt der Test des ASUS NovaGo.

Anmerkung: Der Test des NovaGo entstand bereits Mitte März und sollte in Absprache mit ASUS bereits Mitte April erscheinen - nahezu zeitgleich mit dem Verkaufsstart. Wenige Stunden davor bat das Unternehmen jedoch um das Zurückhalten, auf die entsprechenden Gründe sind wir bereits Mitte Mai im Artikel „Windows on ARM: Warum wir keinen Test veröffentlichen" eingegangen. Seit dem gab es aber eine wesentliche Änderung, das NovaGo wird in absehbarer Zeit wider erwarten doch noch in Deutschland im Handel zu finden sein. Da ASUS aber kein Testgerät für einen Nachtest zur Verfügung stellen kann, können keine nachträglichen Messungen mit Berücksichtigung des Windows 10 April 2018 Update erfolgen. Unklar ist, wie groß Auswirkungen des Updates sind, allen bisherigen Aussagen zufolge soll es jedoch keine gravierenden Änderungen geben.

Stand Mitte März wird es neben dem NovaGo zwei weitere Notebooks auf Basis von Windows on ARM geben: das HP Envy x2 sowie das Lenovo Miix 630. ASUS dürfte jedoch der erste Hersteller sein, dessen Vertreter tatsächlich auch im Handel verfügbar ist. In Deutschland wird das NovaGo zunächst nur mit 4 GB RAM sowie einer 64 GB großen SSD angeboten, die UVP hierfür beträgt 699 Euro. Ob zu einem späteren Zeitpunkt weitere Konfigurationen folgen werden, ist noch unbekannt. ASUS selbst spricht von drei verschiedenen SSD- und RAM-Größen (4, 6 und 8 GB sowie 64, 128 und 256 GB). Für den Test stand ein Exemplar mit 4 GB RAM sowie einer 128 GB großen SSD zur Verfügung. Ein Haken: Ab Werk wird das NovaGo mit Windows 10 S ausgeliefert. Sämtliche Tests wurden jedoch unter Windows 10 Pro durchgeführt, um mehr Praxisnähe und Vergleichbarkeit zu schaffen.

Warum es am Ende so lange gedauert hat, bis Windows on ARM respektive das erste entsprechende Endgerät tatsächlich verfügbar war, ist unklar. Ursprünglich war ein Start bis Ende 2017 geplant, Anfang Dezember räumte Qualcomm mehr oder minder direkt eine Verzögerung ein. Erst im Laufe des ersten Quartals werde es soweit sein, so das Unternehmen im Rahmen des Snapdragon Tech Summit. Geworden ist es nun das zweite Quartal. Ob daran Software-Bugs, Abstimmungsprobleme, die Suche nach Vertriebspartnern oder gar ein Streit mit Intel Schuld ist - eine Antwort liefert niemand.

Was Windows on ARM kann - und was nicht

Dabei wäre der offene Umfang mit Informationen immens wichtig, um Verunsicherungen in Bezug auf Windows on ARM zu begegnen. Ist der Verbraucher skeptisch, greift er lieber zum bewährten Produkt - für die neue Plattform wäre dies fatal. Vor allem dann, wenn Vergleiche mit Windows RT angestellt werden. Auch hier offenbarte Microsoft eklatante Schwächen in der Außenkommunikation - ein Fehler, der sich zumindest ein Stück weit bereits wiederholt hat. Denn welche Einschränkungen Windows on ARM mitbringt, wird nach wie vor wenig transparent dargestellt. Eine Mitte Februar aufgetauchte Support-Seite wurde binnen Stunden stark überarbeitet, wichtige Details fehlen seit dem.

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Doch genau die sind es, über die man sich vor dem Kauf eines entsprechenden Geräts im Klaren sein muss. Denn auch wenn Windows 10 auf dem NovaGo zunächst wie auf jedem Notebook mit x86-Prozessor aussieht, unter der Oberfläche gibt es zahlreiche Hürden. Im Vergleich mit Windows RT konnten einige aus dem Weg geräumt werden, andere sollen in den kommenden Monaten verschwinden.

Um die möglichen Probleme zu verstehen, ist ein Blick auf die Funktionsweise von Windows on ARM unabdingbar.

Die Plattform selbst besteht aus drei Schichten, die grundlegende ist dabei die Hardware, bestehend aus CPU, GPU, Speicher und anderen Komponenten. In der Mitte und somit unmittelbar über der Hardware-Schicht liegt Windows 10. Microsoft hat das Betriebssystem intern an zahlreichen Stellen umgebaut, damit der native Betrieb des Kernels sowie der in Windows integrierten Treiber auf der ARM-Architektur möglich ist. Allerdings kann nicht jeder SoC auf ARM-Basis genutzt werden, da entsprechende Anpassungen nötig sind. Als kompatibel werden unter anderem SoCs mit CPUs vom Typ Cortex-A75 und Kryo 280 (Snapdragon 835) genannt.

Die oberste Schicht stellt die Software in Form von Applikationen dar. Dabei wird zwischen nativen und emulierten Prozessen unterschieden. Zu den nativen gehören beispielsweise die Windows-Oberfläche (Shell), alle System Services (NTDDLs), aber auch die in Windows 10 integrierten Programme wie Edge, der Taschenrechner oder der Explorer. Das bedeutet: Ähnlich wie x86-Programme werden all diese Programme ohne Umweg ausgeführt, einen bremsenden Faktor gibt es nicht.

Ein solcher kommt aber ins Spiel, wenn es sich um einen emulierten Prozess handelt. Hier geht es nicht von NTDLLs über DLLs zur Applikation, stattdessen wird ein längerer Umweg fällig. Denn was nicht nativ ausgeführt werden kann, muss durch den - laut Microsoft speziell entwickelten - Emulator laufen. Zwischen diesem und den x86-DLLs liegt allerdings die sogenannte WOW-Abstraktionsebene. Hinter dem Kürzel WOW verbirgt sich der Begriff Windows-on-Windows, der nicht neu ist. Denn schon seit geraumer Zeit nutzt Microsoft die WOW-Abstraktionsebene, um 32-Bit-Anwendungen kompatibel zu machen. Neu sind allerdings die sogenannten CHPE-DLLs( Compiled Hybrid Portable Executable). Mit diesen soll der Umweg über den Emulator in bestimmten Situationen entfallen. Denn die x86-DLLs können nicht nur mit der Abstraktionsschicht kommunizieren, sondern auch mit den CHPE-DLLs. Allerdings handelt es dabei nicht um eine bidirektionale Verbindung: Die CHPE-DLLs können ihrerseits nur die Abstraktionsschicht ansprechen.

Ob es zunächst gar nicht geplant war oder die Zeit am Ende nicht gereicht hat, ist unklar. Aber durch den Einsatz der bekannten Abstraktionsebene ist lediglich das Emulieren von 32-Bit-Software (x86) möglich. 64-Bit-Anwendungen (x64) lassen sich somit nicht starten. Allerdings soll sich dies ab Mai ändern, parallel zur dann stattfindenden Build will Microsoft ein entsprechendes SDK veröffentlichen. Für Nutzer heißt es somit zumindest vorerst: Lauffähig sind auf dem ASUS NovaGo und den anderen Windows-on-ARM-Geräten grundsätzlich nur Programme, die gemäß den UWP-Vorgaben (Universal Windows Plattform) kompiliert worden sind sowie 32-Bit-Software.

Zubehör-Problematik

Allerdings gibt es noch einige große und kleine „Aber", die berücksichtigt werden müssen. Unter anderem kann keine Anwendung oder Funktion gestartet werden, die OpenGL älter als Version 1.1 oder OpenGL-Hardwarebeschleunigung nutzt; DirectX wird von Version 9 bis 12 unterstützt. Das kann Spiele betreffen, aber auch Produktivanwendungen oder Systemtools. Beispielsweise war es nicht möglich, die GPU des Snapdragon 835 mit dem üblichen Programm voll auszulasten, um mögliches Drosseln zu messen.

Ebenfalls Auswirkungen auf Programme kann eine andere Einschränkung haben. Denn Treiber lassen sich nicht emulieren, was eine Installation nur dann möglich macht, wenn es sich um einen ARM64-Treiber handelt. Zwar verspricht Microsoft, dass sich x86-Treiber einfach neu kompilieren lassen sollen, einige Anpassungen dürften aber unumgänglich sein. Fraglich ist jedoch, welches Interesse Unternehmen an dieser Möglichkeit haben dürften, wenn es um ältere Hard- oder Software geht, die möglicherweise gar nicht mehr vertrieben wird. Wie gravierend die Folgen für den Alltag sind, hängt dabei explizit vom Programm oder Zubehör ab. So konnte im Test beispielsweise ein Netzwerk-Multifunktionsdrucker dank Windows-Standardtreiber zur grundsätzlichen Arbeit überredet werden, viele Einstellungen und Funktionen fehlten allerdings aufgrund des nicht installierbaren Treibers. Ein vergleichsweise neues Headset konnte hingegen problemlos genutzt werden, da der Hersteller sich auf den Standardtreiber verlässt. Ein komplett anderes Bild zeichnete sich im Test hingegen bei vielen Systemtools ab. Diese erfordern einen speziellen Treiber, beispielsweise um Sensoren zuverlässig auslesen zu können. Zwar ist die Installation der Tools möglich, das Starten wurde jedoch mit Verweis auf Treiberprobleme verwehrt.

Aber auch bei UWP-Applikationen, die über den Windows Store verteilt werden, konnten Probleme beobachtet werden. Einige waren mit Hinweis auf eine fehlende Kompatibilität gar nicht installierbar, andere konnten nicht fehlerfrei ausgeführt werden, wiederum andere wurden sehr langsam ausgeführt. Letzteres dürfte an der fehlenden Optimierung liegen. Denn auch UWP-Apps müssen für das vollständig native Ausführen neu kompiliert werden.

Zu guter Letzt bedeutet eine fehlerfreie Installation sowie das Starten eines Programms nicht automatisch, dass es nicht zu Problemen kommen könnte. So können durch Anwendungen vorgenommene Änderungen an der Windows Shell zur fehlerhaften Darstellung führen. Derartiges konnte im Test aber nicht beobachtet werden.