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Lange hat es gedauert, bis Intel eine Antwort auf AMDs zweite Ryzen-Generation vorgestellt hat. Den Konkurrenten dürfte es gefreut haben, schließlich konnte der Marktanteil endlich spürbar ausgebaut und Druck aufgebaut werden. Viel mehr als den Titel der schnellsten Desktop-Gaming-CPU konnte der Core i7-8700K nicht verteidigen - und das in vielen Fällen auch nur sehr knapp. Immerhin konnte AMD in der noch immer wichtigen Kategorie Single-Thread-Leistung den Abstand zu Intel nur verringern, Gleichstand herrscht nach wie vor nicht. Umgekehrt wurde mit dem ersten 8-Kern-Prozessor in diesem Segment die Messlatte für Multi-Thread-Performance höher gelegt.
Entsprechend stellt sich vor allem die Frage, ob der Core i9-9900K dank zweier zusätzlicher Kerne seinerseits aufholen kann. Die Antwort ist ein klares Ja. Im Vergleich mit dem Core i7-8700K bietet der neue Prozessor eine deutlich höhere Multi-Thread-Leistung, was aber nicht nur an den zwei zusätzlichen Kernen, sondern auch an den höheren Taktraten liegt. Werden alle Threads genutzt, liegt das Plus teilweise bei bis zu 40 %, häufiger immerhin noch bei 25 bis 30 %. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweilige Software alle Kerne und Threads optimal ausnutzt. Ist dies nicht der Fall, schrumpft der Vorsprung auf 5 bis 8 % - hier sorgt dann in erster Linie die höhere Taktrate für die zusätzliche Leistung, denn eine höhere IPC konnte nicht beobachtet werden.
Das gilt aber nicht nur für synthetische Benchmarks wie Cinebench 15 und AIDA64 sowie Produktivanwendungen wie Blender und POV-ray, sondern auch für Spiele. Je nachdem, wie gut die jeweilige Engine skaliert, liegt das Plus zwischen etwa 5 und 20 %. Die tatsächliche Leistungszunahme kann somit über den Werten liegen, die Intel selbst publiziert. Denn der Hersteller spricht bei seinen ausgewählten Titeln von einer um bis zu etwa 10 % höheren Performance.
Da Intel sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an Nutzer eines Core i7-8700K oder ähnlich alten Prozessors richtet, ist der Vergleich mit dem direkten AMD-Konkurrenten wichtiger. Orientiert man sich an der Anzahl der Kerne und am Marktsegment, heißt der Mitbewerber eindeutig Ryzen 7 2700X.
Nüchtern betrachtet gewinnt der Core i9-9900K den Vergleich eindeutig. So bietet der neue Intel-Prozessor in vielen typischen Anwendungen eine um bis zu 25 % höhere Single-Thread-Performance, AMD liegt hingegen nur in wenigen Fällen - und dann auch meist nur knapp - vorne. Aber auch in der bisherigen Paraderolle fällt der Ryzen 7 2700X zurück. Denn dank der höheren Taktraten zieht der Core i9-9900K oftmals auch dann vorbei, wenn alle Kerne und Threads genutzt werden. Zwar ist der Vorsprung dann in aller Regel geringer, er ist aber unübersehbar.
Und vorne liegt Intel auch dann, wenn es um das Thema Energiebedarf geht. Bei geringer bis mittlerer Last benötigt der Core i9-9900K weniger Energie als der Ryzen 7 2700X. Doch darüber hinaus wendet sich das Blatt, unter Volllast kommt AMDs Vertreter mit 8 % weniger aus. Dem gegenüber steht allerdings das Mehr an Leistung.
Die Steigerung der Leistung und das Überholen des Ryzen 7 2700X darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an einigen Stellen noch immer Nachholbedarf gibt. Das betrifft beispielsweise die Limitierung der offiziellen RAM-Unterstützung bis lediglich DDR4-2666. Im Alltag sind die Auswirkungen von schnelleren Riegeln zwar eher gering, ein oder zwei zusätzliche Prozentpunkte werden so aber vergeudet - was aber nichts daran ändert, dass schnellerer Speicher durchaus genutzt werden kann. Und auch die auf dem Papier schwache integrierte Grafikeinheit dürfte bei vielen Nutzern keine Rolle spielen. Für Office und Co. bietet die UHD Graphics 630 nach wie vor genügend Leistung, für alles andere dürfte der Core i9-9900K ohnehin mit einer leistungsstarken Grafikkarte gepaart sein.
Wie groß hingegen die Gruppe derjenigen ist, die sich ein hohes OC-Potential gewünscht hat, ist ungewiss. Klar ist jedoch, dass es in diesem Punkt nahezu keine Fortschritte im Vergleich zu Coffee Lake gegeben hat. Mehr als 5,1 GHz auf allen Kernen gleichzeitig waren dem Prozessor nicht zu entlocken - der gleiche Wert wie beim Core i7-8086K und nur 100 MHz mehr als beim Core i7-8700K. Ärgerlicher ist deshalb vielleicht, dass OC-Enthusiasten um den Austausch des Mainboards vermutlich nicht herumkommen werden, bzw. der Kauf der teuersten Platinen Pflicht ist. Zwar verspricht Intel die volle Kompatibilität auch für Mainbaords mit dem Z370-Chipsatz, die sind jedoch hinsichtlich der Spannungsversorgung - Stichwort VRM - nicht für den Betrieb des Achtkerners jenseits der Stock-Taktung ausgelegt.
Ein anderer Punkt kann hingegen zum aktuellen Zeitpunkt nur bedingt in die Bewertung aufgenommen werden. Denn noch immer hat es Intel nicht geschafft, eine deutsche unverbindliche Preisempfehlung für den Core i9-9900K mitzuteilen. In den USA werden 488 US-Dollar bei Abnahme von 1.000 Stück aufgerufen, im dortigen Handel werden im günstigsten Fall zwischen 500 und 520 US-Dollar aufgerufen. Hierzulande starten die Händlerlistungen hingegen erst bei knapp 700 Euro - AMDs Ryzen 7 2700X kostet mit rund 300 Euro weniger als die Hälfte. Aktuell könnte der direkte Mitbewerber somit auch Ryzen Threadripper 2920X heißen, der für einen geringen Aufpreis zwölf Kerne bieten wird. Aber selbst auf Basis der US-UVP ist der Core i9-9900K alles andere als ein Schnäppchen oder Preis-Leistungstipp. Denn für im Schnitt 10 bis 15 % mehr Leistung verlangt Intel einen Aufpreis von 35 %.
Interessant ist der Achtkerner somit lediglich für diejenigen, in deren Gaming-PC ohnehin extrem leistungsfähige und teure Hardware wie eine GeForce RTX 2080 Ti (Test) steckt. Hier fällt der viel zu hohe Preis kaum ins Gewicht. Käufer dürfen sich zudem sicher sein, die derzeit tatsächlich schnellste Gaming-CPU zu besitzen, die auch in vielen Produktivanwendungen zur Spitzenklasse gehört. Alle anderen werden mit einem Ryzen 7 2700X oder gar einem Ryzen Threadripper 1920X glücklicher. Letzterer bietet im Schnitt eine vergleichbare Leistung, kostet aber lediglich 400 Euro.
Positive Aspekte des Intel Core i9-9900K:
- hohe Single-Thread-Leistung
- offene Multiplikatoren
- effizient bei geringer und mittlerer Last
Negative Aspekte des Intel Core i9-9900K:
- volles OC-Potential kann unter Umständen nur auf Z390-Mainboard abgerufen werden
- Limitierung auf DDR4-2666 nicht zeitgemäß