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AMD setzt seine Salamitaktik bei der Bekanntgabe neuer Details zu den zukünftigen GPUs fort. Nicht dass man dies tun müsste, denn AMD ist sicherlich nicht dazu verpflichtet, seine Pläne für 2014 und darüber hinaus bereits heute bekannt zu geben, man verspürt allerdings einen gewissen Druck Kunden, Partner und Investoren bei der Stange zu halten. Auch wenn AMD heute noch nicht allzu tief in die Details gehen möchte, so will man dennoch über die Polaris-Architektur sprechen, die die Basis der nächsten GPU-Generation sein soll.
Die wichtigsten Fakten zuerst: Die GPUs auf Basis der neuen Polaris-Architektur werden für Mitte 2014 erwartet und im 14-nm-FinFET-Verfahren gefertigt werden. Hinsichtlich konkreter technischer Daten hält sich AMD noch zurück und nennt nur einige Schlagworte, die ohne eine weitere Erläuterung oder den dazugehörigen Hintergrund aber wenig Aussagekraft besitzen. Auf die nun veröffentlichten Details, gehen wir in den folgenden Zeilen genauer ein.
Mit dem heutigen Tag lösen sich auch die Anspielungen aus dem November des frisch vergangenen Jahres 2015 auf, denn per Twitter unterhielten sich Chris Hook, AMDs Marketing Director, und Raja Koduri, Leiter der Radeon Technologies Group, über den klaren Blick auf den Sternenhimmel von Sonoma in Kalifornien. Damit sei auch der Polarstern (Polaris) bestens sichtbar. Darauf antwortete Raja Koduri, dass der Polarstern heute um den Faktor 2,5 heller ist als im Jahre 149. Die höhere Helligkeit wurde damals bereits als eine Andeutung auf eine eventuelle Effizienzsteigerung der Architektur verstanden – nicht ganz falsch wie wir heute sehen werden.
AMD Polaris-Architektur
Zunächst aber möchte AMD einen Blick in die Vergangenheit werfen, der durchaus interessant ist und im Vergleich zur aktuellen Entwicklung die riesigen Schritte aufzeigt, die inzwischen gemacht wurden. So sprechen wir in den Jahren 2001 und 2002 noch von Strukturbreiten von 180 bzw. 150 nm. Allerdings sind die RV100 und R300 auch ein riesiger Schritt bei der Leistung der GPUs, denn nicht nur die Chipgröße hat sich trotz kleinerer Fertigung fast verdoppelt, auch die architektonischen Merkmale wie 30 zu 110 Millionen Transistoren oder 1 zu 8 Pixel Shader sind ein Hinweis darauf, welches Leistungsplus damals erreicht wurde.
Mit der Polaris-Architektur möchte AMD ähnliche Ziele erreichen, will die Architektur als solches aber nicht als alleiniges Merkmal dieser Generation sehen, sondern fasst unter diesem Namen zahlreiche Neuentwicklungen in den verschiedenen Bereichen zusammen. Dazu gehören die Anbindung an Displays, Multimedia-Funktionen, Caches, Speichercontroller und das Powermanagement.
Mit der Veröffentlichung der ersten Generation der GCN-Architektur (Graphic Core Next) handelte sich AMD aber nicht nur einen Sprung bei der Leistung ein, vor allem kämpfte man zu Beginn mit der Leistungsaufnahme der Radeon R9 290X und R9 290 als schnellste Vertreter dieser ersten Iteration. Über die Jahre hat AMD aber an verschiedenen Stellschrauben gedreht und ist mit Tonga und Fiji inzwischen auf einem Stand angelangt, der zumindest erkennen lässt, was dieser Grundgedanke einer GPU-Architektur zu leisten im Stande ist.
Die Polaris-Architektur soll sich aber grundlegender unterscheiden als dies bei den vorherigen Entwicklungsschritten der Fall war. Hier kommen dann auch einige Schlagworte wie Primitive Discard Accelerator, Hardware Scheduler oder Instruction Pre-Fetch ins Spiel, deren grundsätzliche Funktionsweise sich zwar erläutern lassen – ohne den dazugehörigen Hintergrund der Integration in die neue Architektur macht dies jedoch noch keinen Sinn. Anders sieht es mit der verbesserten Shader-Effizienz aus, die als klares Ziel hinter der Entwicklung der Polaris-Architektur eine höhere Effizienz der gesamten GPU hat: Eine Speicherkomprimierung. NVIDIA verwendet diese Delta-Farbkompression bereits seit der ersten Maxwell-Generation und ist daher nicht zwingend auf besonders breite Speichercontroller angewiesen. AMD hat mit dem High Bandwidth Memory der aktuellen Fiji-GPUs das vermeintliche Limit der Speicherbandbreite weitestgehend auflösen können, profitiert aber von einer weiteren Komprimierung hinsichtlich der Effizienz aber sicherlich ebenso. Dies wird vor allem dann eine Rolle spielen, wenn noch nicht der HBM zum Einsatz kommt, denn dieser wird sicherlich auch 2014 den High-End-GPUs vorenthalten bleiben.
Ein weiteres wichtiges Element der Polaris-Architektur wird die Möglichkeit sein, Displays über HDMI 2.0a und DisplayPort 1.3 anzuschließen. Damit löst AMD auch hier einige Flaschenhälse auf, die in der aktuellen Generation noch vorhanden sind. Details dazu und dem Zusammenspiel mit FreeSync und HDR veröffentlichte AMD erst kürzlich.
Durch die Displayanschlüsse mit höherer Bandbreite sowie der Implementation dedizierter Hardware-De- und -Encoder wird AMD auch die Möglichkeit geboten, Videos in H.265 in 4K-Auflösung sowie bei 60 FPS auszugeben.
Das wohl wichtigste Merkmal der kommenden GPU-Generation von AMD und NVIDIA wird die Fertigung sein. Nach langem Stillstand konnte sich AMD (und wohl auch NVIDIA) offenbar mit den Auftragsfertigern im Zusammenspiel mit der eigenen Architektur auf einen neuen Fertigungsprozess einigen. Dies war in der Vergangenheit wohl nicht immer ganz einfach und so verblieben sowohl AMD als auch NVIDIA bei TSMC im 28-nm-Verfahren. Mit dem Sprung auf 14 nm und FinFET dürften sich erhebliche Vorteile hinsichtlich der Leistungsaufnahme ergeben.
Selbst bei gleichbleibender Architektur ist ein Wechsel der Fertigung nicht immer ganz einfach. Nicht ohne Grund wendet Intel daher das Tick-Tock-Verfahren an, bei dem sich ein Wechsel der Fertigungsgröße und der Architektur abwechseln. Somit geht man dem Risiko einer Kollision zweier Problembereiche aus dem Weg. NVIDIA stolperte bei der Fermi-Architektur über den Wechsel der Fertigung und die gleichzeitige Einführung einer neuen Architektur. Das sogenannte Fabric, also ein Bereich der GPU, der aus vielen Verbindungen besteht, die sich teilweise auch kreuzen, wurde bei den hohen Frequenzen bei denen die GPUs betrieben werden, zu einem fast unlösbaren Problem. Für AMD dürfte sich der Wechsel auf die Polaris-Architektur und der gleichzeitige Shrink in der Fertigung ebenfalls nicht ganz unproblematisch erweisen. Natürlich gelangten dazu bisher keinerlei Details an die Öffentlichkeit, aber das Engineering und Testen der verschiedenen Komponenten nach und vor dem ersten Tape-Out sind ein sehr komplexes Thema, das eigentlich nie ohne Probleme vollzogen werden kann.
Während es bei NVIDIA noch keine Hinweise zu einem Wechsel des Auftragsfertigers gibt, scheint TSMC für die kommende GPU-Generation von AMD keine Rolle mehr zu spielen. Stattdessen hat Global Foundries bereits durchblicken lassen, dass die neuen GPUs in einer Fabrik in den USA, genauer gesagt im Bundesstaat New York gefertigt werden sollen.
AMD Polaris-Architektur
Bereits mehrfach wurde nun angeführt, dass die Effizienz bzw. eine geringere Leistungsaufnahme ein Hauptfokus für die Polaris-Architektur war. AMD verweist dazu auf die Möglichkeit, durch die kleinere Fertigungsgröße mehr und mehr Transistoren auf gleicher bzw. kleinerer Fläche unterzubringen. Durch die kleinere Strukturen treten aber vermehrt Probleme innerhalb der GPU auf (zum Beispiel Leckströme), die der theoretischen Verdopplung der Effizienz entgegenwirken.
Bereits seit einigen Jahren werden daher neue Techniken entwickelt, diesen negativen Effekten entgegenzuwirken. So werden moderne GPUs längst nicht mehr mit einer einheitlichen Betriebsspannung innerhalb der einzelnen Komponenten betrieben. Sogenannte Multi Voltage Islands trennen die Bereiche unterschiedlicher Spannung ab. Diese benötigen dann natürlich wieder eigene Spannungscontroller, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet. Über diese Maßnahmen können bestimmte Bereiche der GPU auch mit unterschiedlichen Taktraten betrieben oder sogar komplett abgeschaltet werden. Über solche Maßnahmen lässt sich zwar die Gesamtleistungsaufnahme reduzieren und die Effizienz erhöhen, allerdings hilft dies nicht direkt eine Mehrleistung aus der Architektur zu entwickeln.
Intel ist Vorreiter bei der Entwicklung der ersten Architekturen mit FinFETs. Dabei handelt es sich um eine 3D-Struktur eines ansonsten planaren Transistors. Source, Drain und Gate heben sich vom flachen Substrat ab und erlauben eine bessere Kontrolle des Stromflusses im Transistor.
AMD Polaris-Architektur
Was anfänglich nicht logisch erscheint, macht den Vorteil der FinFETs gegenüber den planaren Transistoren deutlich. In der Fertigung streuen diese weitaus weniger. Diese geringere Variation macht es letztendlich erst möglich, dass die Ansteuerung der einzelnen Bereiche oder gar Transistoren selbst deutlich effizienter erfolgen kann.
Somit will AMD durch die FinFET-Fertigung in zwei Bereichen profitieren: Durch die geringere Leistungsaufnahme und die potenziell höhere Leistung, was letztendlich zur Steigerung der Effizienz um den Faktor 2,5 führen soll.
Die geringere Leistungsaufnahme soll vor allem dem Notebook-Segment zu Gute kommen, in welchem sich AMD zwar mit den Carrizo-APUs gut aufgestellt sieht, der Markt aber eine ganz andere Aussage wiederspiegelt. Sobald es in den High-End-Bereich geht, setzen die meisten Hersteller auf GPUs aus dem Hause NVIDIA. Dies soll sich durch die Polaris-Architektur ändern.
Welche Bereiche der GPU AMD mit der Polaris-Architektur alle ändern möchte, zeigt obiges Schaubild. Nur wenige Komponenten wird AMD komplett aus der dritten Generation der GCN-Architektur übernehmen können. Auf die Details der Änderungen sind wir natürlich gespannt und erhoffen uns hier in nächster Zeit einige Erkenntnisse. Vielleicht sogar schon auf der CES 2014 in Las Vegas, die in den kommenden Tagen startet und auf der wir natürlich einen Termin mit AMD haben.
Wieder auf den Notebook-Markt übertragen sieht sich AMD in einer guten Position. Ein Vergleich mit einem kompakten Notebook bei einer Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixel soll dies aufzeigen. Während die Karte auf Basis der Polaris-Architektur auf 60 FPS bei einem Verbrauch von 86 W kommt, soll eine GeForce GTX 950 bei gleicher Anzahl an Bildern pro Sekunde auf 140 W kommen. Als weitere Systemkomponenten zum Einsatz kommen ein Intel Core i7-4790K, 4x 4 GB DDR4-2600 sowie ein Windows 10 64 Bit. Sollten sich die Werte bei vermutlich eingesetzter Frame-Limitierung bestätigen lassen und es sich bei Star Wars: Battlefront nicht um ein außergewöhnlich effektives Beispiel handeln, wäre die erreichte Leistungs- bzw. Effizienzsteigerung sicherlich ein deutliches Zeichen an die Konkurrenz.
Bei der eingesetzten Hardware und dem verwendeten Treiber dürfte es sicher aber um eine jeweils recht frühe Versionen handeln, so dass eine abschließende Einschätzung der Leistung auch für dieses isolierte Beispiel nur schwer möglich ist. AMD erwähnt dies bezogen auf die Hardware auch in einer Fußnote.
Zusammenfassend noch einmal die wichtigsten Funktionen der Polaris-Architektur: Da wären die vierte Generation der GCN-Architektur mit zahlreichen Verbesserungen in fast allen Modulen einer modernen GPU-Architektur sowie die neuen Displayanschlüsse HDMI 2.0a und DisplayPort 1.3. Um von diesen Gebrauch machen zu können, können die neuen GPUs H.265-Inhalte in 4K-Auflösung de- und encodieren.
Maßgeblich für die höhere Effizienz verantwortlich, ist die neue Fertigung in 14 nm mit FinFET-Transistoren. Damit will AMD aber nicht nur eine übliche und zu erwartende Steigerung der Effizienz erreicht, sondern einen besonders großen Schritt gemacht haben. Mit der Verfügbarkeit der ersten Grafikkarten mit GPU auf Basis der Polaris-Architektur ist Mitte 2014 zu rechnen.
[h3]Fazit und Einschätzung[/h3]
Auch wenn dieser Artikel nun rund 1.700 Wörter umfasst, wollen wir dennoch erwähnen, dass AMD zwar in den vergangenen Wochen zahlreiche Informationsschnipsel veröffentlich hat, es dennoch an substanziellen Informationen fehlt. So ist der Wechsel auf eine neue Fertigungsgröße nicht nur zu erwarten gewesen, sondern längst überfällig. Die Verbesserungen innerhalb der Architektur werden nur erwähnt, nicht aber mit Belegen versehen – wir erwarten uns hier aber einige weitere Details in den kommenden Monaten – spätestens zum Start der ersten Produkte wird es hier sicherlich weitere Informationen geben.
Große Erwartungen werden an die Steigerung der Effizienz geknüpft. Aber auch dazu wollen wir noch auf weitere und vor allem eigene Tests verweisen. Mittels Frame Rate Target Control lassen sich je nach Leistungsklasse der Grafikkarte und verwendetem Spiel bereits heute große Einsparungen beim Stromverbrauch realisieren. Eine auf einen Sweet-Spot getrimmte Effizienzsteigerung ist aber sicherlich nicht das Ziel von AMD und so erwarten wir uns von der Polaris-Architektur auch im High-End-Bereich noch ein deutliches Leistungsplus – wenngleich sich die aktuelle Radeon R9 Fury X sicherlich nicht hinter der Konkurrenz verstecken muss. Aber auch NVIDIA schläft nicht und wird im frischen Jahr 2014 mit der Pascal-Architektur, die ebenfalls auf den schnellen High Bandwidth Memory setzen wird, an der Leistungsschraube drehen. Wer dann Mitte des Jahres die Nase vorne haben wird, wird sich noch zeigen müssen.
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Ihr Hardwareluxx-Team
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AMD steht aktuell an einem Scheideweg – einerseits hat man das Vertrauen vieler Kunden durch die Fiji-GPUs und die daraus resultierenden Produkte zurückgewonnen, auf der anderen Seite aber steht ein stetiger Rückgang bei den Marktanteilen und Quartalszahlen. Einsparmaßnahmen wurden bereits ergriffen und dürften inzwischen greifen, doch neue, gute Produkte sind das, was AMD wirklich helfen kann. AMDs CEO Dr. Lisa Su sagte auf der Computex 2015 im Juni 2015, dass nur eine erfolgreiche Einführung der Zen-Architektur bei den Prozessoren und eine gleichzeitige Weiterentwicklung der GPUs ein gesichertes Bestehen von AMD bewerkstelligen könnten. Bereits im vergangenen Jahr haben wir die Achterbahnfahrt bei AMD versucht zu interpretieren und kommen dabei auch heute noch zum gleichen Ergebnis.
Für die Zen-Architektur bei den Prozessoren fehlen aktuell die Anhaltspunkte, um analysieren zu können, ob AMD seinen eigenen Ansprüchen gerecht wird. Anders sieht es bei den GPUs aus, denn mit Entwicklungen wie der Fiji-GPU, dem High Bandwidth Memory (im Zusammenspiel mit der Interposer-Technologie) sowie der Neuausrichtung mittels der Radeon Technologies Group ebnet AMD den Weg zu einer potentiell erfolgreichen Zukunft. Dieses Vertrauen hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten bereits durch einen stetig steigenden Aktionskurs ausgedrückt, der sich aber noch immer auf einem denkwürdig niedrigen Niveau bewegt. Nun gilt es dieses Vertrauen von Kundschaft und Investoren auch zu bestätigen. Das Jahr 2014 wird für AMDs Zukunft entscheidend werden und für die Käufer der Produkte könnte sich diese Spannung in vielen spannenden und innovativen Neuerungen ausdrücken.