Das Leben im Jahre 2030
Ich wohne in Düren. Vor gut 20 Jahren war Düren noch eine schöne Stadt mit ca. 100.000 Einwohnern. Es gab eine sehr gute Infrastruktur. Mehrere Industriegebiete und viele Geschäfte in der Innenstadt. Ja das war ein Leben. Mittlerweile kommt man sich vor wie in einem kleinen Dorf. Die Dörfer die früher um Düren herum lagen, sind zum größten Teil verlassen oder abgerissen. In den wenigen Häusern die noch stehen, werden von den ganz alten und armen Leuten unserer Gesellschaft bewohnt. Um diese Menschen kümmert sich keiner mehr. Die Leute dort leben von der „Hand in den Mund“. Früher wohnte ich ja auch in einem solchen Dorf außerhalb von Düren. Aber wie dann immer mehr Menschen in die größeren Städte zogen hab ich mich auch dazu entschlossen. Mittlerweile bin ich ins „frühere“ Stadtzentrum von Düren gezogen. Halt was man noch Stadtzentrum nennen kann. Geschäfte gibt es schon lange nicht mehr dort. Die meisten Sachen (Kleidung, Lebensmittel usw.) bestelle ich übers Internet. Der Großteil der Lebensmittel ist Tiefkühlkost. Da für frische Lebensmittel kein Personal (Verkauf, Transport oder Produktion) mehr vorhanden ist. Und Personal ist im Jahre 2030 wirklich Mangelware. Arbeit gibt es in Düren auch nicht mehr so viel. Die meisten Arbeitgeber haben sich auf die Großstädte wie Köln und Aachen konzentriert und haben die Firmen dorthin verlegt. Dadurch wohnen die meisten Menschen auch in diesen Großstädten. Köln hat in diesem Jahr die 3 Millionengrenze durchbrochen.
Familienmitglieder wie man das früher nannte, habe ich keine mehr in meiner Nähe wohnen. Meine Eltern sind seit Jahren in einem extra Dorf für ältere Menschen. Das liegt im Ruhrgebiet. Dort standen genug Wohnungen und Häuserblocks zur Verfügung. Nachdem im Jahre 2015 dort nur noch ältere Menschen lebten, da die jungen wegen der Arbeit weggezogen sind. In diesem „Dorf“ leben ca. 8000 bis 10000 ältere Menschen. Nachdem es immer weniger Pflegepersonal in BRD gab, musste man sich was einfallen lassen und hat die Altenheime zentralisiert. Jeder Pfleger hat heute ca. 50-75 Menschen zu betreuen. Ärzte kommen einmal im Monat in dieses Dorf und kümmern sich um die Menschen. Wer in der Zwischenzeit krank wird, hat ein Problem. Denn Ärzte sind in dieser Zeit auch Mangelware, wie eigentlich jeder Berufszweig zu wenig Personal hat. Ich besuche meine Eltern einmal im Monat, das heißt genau gesagt, ich besuche einmal im Monat ihren Facebook-Account. Meistens haben sie neue Bilder drin oder ich hinterlasse ihnen eine kurze Nachricht. Mir bleibt halt nicht viel Zeit, wenn man keinen Tag in der Woche frei hat. Es gibt ja auch schon länger die 80 Std. Woche. Da bleibt nicht viel Platz für andere Sachen. Und in den 12 Tagen die ich im Jahr Urlaub habe, hab ich was Besseres vor. Zum Beispiel suche ich mir vor meinem Urlaub, im WWW eine Liebespartnerin für diesen Zeitraum aus. Ich habe mittlerweile schon eine extra Rubrik auf meiner Facebook Seite, wo all meine Bekanntschaften aufgelistet sind. Diese haben aber auch dort die Möglichkeit zu schreiben wie sich mich fanden. Dann können sich andere Frauen leichter beim nächsten Mal entscheiden. Eine feste Partnerin hatte ich schon bestimmt 20 Jahre nicht mehr. Diese Zeiten sind vorbei. Soziale Kontakte hat man heutzutage eher selten. Im Büro ist man ja die meiste Zeit und dort läuft alles elektronisch. Aber ich habe ja auch einen erlesenen Kreis an Frauen für gute Gespräche. Diese treffe ich meistens in einem Chatraum. Für Kinder bleibt ja heute keine Zeit mehr. Wer heute noch Kinder in die Welt setzt wird von anderen schief angeschaut. Und den Partner für Kinder zu kriegen fehlt ja auch. Die Frauen haben ja auch eine 80 Std. Woche und wenn einer zu Hause bleiben würde kommt man kaum über die Runden. Davon abgesehen gibt es in Düren nur noch Singlewohnungen. In Köln gibt es welche für Familien, diese sind aber verdammt teuer und selten.
Zum Glück werde ich auch selten krank. Das nächste Krankenhaus ist in Düsseldorf. Die Krankenhäuser in unserer Umgebung sind schon alle geschlossen worden. Kein Personal und kein Geld mehr vorhanden. Wenn ich nach Düsseldorf ins Krankenhaus muss, wird mir auch noch ein Tag Urlaub abgezogen. Sonst würde ich ja einen Tag im Jahr mehr fehlen. Das macht es ja noch schlimmer - bei nur 12 Tagen. Naja so lange muss ich aber auch nicht mehr arbeiten. Ich bin ja schon 50 Jahre alt. Bis 80 sind es nur noch 30 Arbeitsjahre. In diesem Jahr hatte ich meinen 50. Geburtstag. Ich habe eine riesen Party gemacht. Es waren ca. 50 Leute in meinem Chatraum. Da ging richtig die Post ab!
Naja im Großen und Ganzen bin ich ja mit meinem Leben zufrieden. Und wenn ich in 30 Jahren ins Ruhrgebiet komme, zu den anderen alten Leuten, kann ich den Rest meines Lebens noch evtl. genießen! Mal schauen was noch so alles kommt.
Bis 2060 ist es ja noch etwas hin