Lidl hat teuer gelernt, das SAP nicht alles ist.
Vorallem ist es einfacher, seine Prozesse an SAP anzupassen, als SAP an seine Prozesse.
bei SAP kommt es in der Tiefe auch drauf an, was genau man damit macht, einfach weil es die eierlegende Wollmilchsau sein möchte. - S4/HANA machts nicht besser...
Dazu mal meine 5 Cent.
Ich habe jetzt 20 Jahre SAP Erfahrung. Anfänglich als IT-Projektleiter für die Einführung in einem Unternehmen des Mittelstands mit den Modulen SAP Basis, CO (Controlling), MM (Materialwirtschaft), BP (Business Partner), BW (Business Warehouse) und ITS (Internet Transaction Server) mit Ablösung von diversen Großrechner Applikationen. Dazu gehörte darauf hin die jahrelange Hauptverantwortung von Betrieb und Weiterentwicklung (ABAP) der Module. Davor und parallel habe ich in diversen andere Programmiersprachen entwickelt (Assembler, VB, VC++ in Visual Studio, ...), Datenbanken genutzt (ODBC, aber auch Oracle Designer + Forms) und auf Ihnen Entwickelt (Stored Procedures etc. auf Oracle und MS SQL Server). Inzwischen bin ich seit langem bei einem Global Player Hauptverantwortlich für ein SAP Modul und dessen weltweiten Betrieb und Weiterentwicklung. Es gibt kein Einsatz einer Änderung die ich nicht mindestens Konzipiert oder Qualitätsgesichert habe.
Die größten Stärken von SAP sind meines Erachtens nach:
1. Das im Standard hervorragend funktionierende ineinander greifen von Standardmodulen mit Standardschnittstellen. Da ist Beispielsweise der Wert eines Artikels in MM, FI, CO, BW immer gleich. Egal wie oft der Preis angepasst wurde. Diese Qualität der Daten im Verbund ist durch Einzelapplikationen in der Regel nicht zu erreichen.
2. Die Menge von Standardmodulen im betriebswirtschaftlichen Sektor ist sehr hoch.
3. Die eigene Weiter- und Neuentwicklung wird durch die interne Programmiersprache ABAP sehr leicht gemacht.
Ganz persönlich gesehen kann man mit SAP Know How hervorragend Geld im oberen Spektrum verdienen. Die Interne Programmiersprache ist ein weiter entwickeltes Cobol und leider komplett unsexy (trotz OO Ansätzen u.s.w. ). Der Schwerpunkt von SAP liegt im betriebswirtschaftlichen Bereich von Datenhaltung und Datenverarbeitung und ist daher auf die Dauer ebenfalls nicht wirklich motivierend.
Die Qualität von großen IT Einführungen steht und fällt immer mit dem Personal. Diese ist oft nur bei Gehaltsvorstellungen und beim Ego Weltklasse. Jeder der mal ein bisschen Programmiert hat denkt er sei Entwickler und Architekt. Jeder der mal zu dritt etwas entwickelt hat, denkt er sei Projektleiter. Auf einmal 20 IT-Bereiche, Betriebsrat, Steuerkreise, Rechtsabteilungen, Datenschutz, Fachbereiche, Fremdanbieter, etc. zu Steuern, dies dann noch interkulturell überfordert in der Regel. Da muss man reinwachsen und Netzwerke haben. Da die Qualität von Fachbereichen und Fachkonzepten ebenfalls oft unzureichend ist hilft dazu eine sehr gutes fachliches Wissen in dem Bereich. Als folge daraus bewerte ich die Qualifikation über die Vita eines Bewerbers.
Und natürlich ist es immer sinnvoll die eigenen Prozesse vor einer Neueinführung zu überprüfen und mit dem neuen System abzugleichen. Zu oft sind eigene Prozesse historisch gewachsen und kosten/nutzen technisch nicht sinnvoll zu übernehmen.