Ich möchte keine Diskussion darüber auslösen, jeder nach seinem Gusto, dennoch bin ich mal so frei, und füge ein fettes ABER hinzu:
ABER - Dir ist schon klar, dass Du im Grund damit eine Diskussion genau eröffnest oder? Weil hier zwei Sichtweisen aufeinanderprallen und eine Sichtweise so in den Raum zu stellen selten unwidersprochen stehen bleibt.
ABX Tests sind zweifelsohne eine tolle Sache, blöderweise funktioniert unser Gehirn auf diese Weise nicht.
Kennst du die Spiele, wenn in einem geschriebenen Text Wörter absichtlich falsch geschrieben werden, mit vertauschten Buchstaben?
Das Hirn "korrigiert" das von alleine, und du kannst fließend lesen.
Ja, es gibt genauso akustische, wie optische Täuschungen, das steht außer Frage.
Beim Hören ist das ähnlich, darüber gibt es diverse Abhandlungen!
Für Hörtests ist meiner Meinung - und meiner eigenen Erfahrung nach! - das hören über mehrere Stunden, eventuell sogar Tage unumgänglich, um sicherzugehen, dass einen das Gehirn austrickst.
Mir ist klar, dass das ein freudscher Versprecher ist, Du wolltest sagen "nicht austrickst". Und ich sage, es ist genau andersherum - weil ein Effekt der Gewöhnung einen bestimmte Aspekte gar nicht oder nicht mehr so wahrnehmen lässt. Ich vergleiche das an der Stelle gerne mit Medikamenten - als Schmerzpatient musste ich da eine Weile ganz schön starkes Zeug einwerfen. Wenn man die Maximaldosis sofort nimmt hat man heftigste Nebenwirkungen und wird richtig high, steigert man die Dosis langsam, so gewöhnt sich der Körper daran und die fallen minimal aus. Und genau so ist es mit dem Kopfhörer auch, hörst Du erstmal eine Weile damit, dann fallen Dir bestimmte klangliche Aspekte gar nicht mehr so auf. Bei der Nutzung des eigenen Kopfhörers kann aber das genau das richtige sein. Weil das Gehirn einen möglicherweise störenden Teilaspekt einfach ausblendet, wenn der Rest "passt".
Ganz simpel ausgedrückt, sind 100km/h gemessen IMMER 100km/h, aber die fühlen sich auf oder in jedem Vehikel anders an
Ein gutes Beispiel ist, wenn man 2 völlig unterschiedliche Kopfhörer hat:
Am Anfang brauche ich persönlich mindestens einen Tag, bis sich der "alte" aus meinem Hirn verabschiedet hat, und ich den neuen "aufgenommen" habe, sozusagen so höre, wie er ist.
Das wusste ich zu Beginn nicht, und habe einige KHs schlecht geredet, bevor ich sie überhaupt richtig gehört habe.
Ich persönlich bin da ja pragmatisch. Einen Schallwandler kann ich auch kaum nach wenigen Sekunden beurteilen, also egal ob Kopfhörer oder Lautsprecher. Weil das ein Gerät ist, dass einen so massiven Einfluss auf den resultierenden Klang hat, da muss man sich einfach Zeit für nehmen. Eben auch um festzustellen ob einen die Gewöhnung an ein Gerät das ganze anders beurteilen lässt.
Ein Blindtest mit relativ schnellen Wechseln kann aber trotzdem Sinn machen. Zum einen um die Unterschiede zwischen zwei Schallwandler-Modellen sofort beurteilen zu können, zum anderen aber gerade bei so etwas wie ALAC/FLAC gegen MP3, das kann man einfach nur auf diese Weise machen, anders funktioniert es nicht. Außerdem hört man nicht immer gleich, je nach Umgebung, Streß, Stimmung nimmt man manches anders wahr. Wenn man da jeden Tag ein Model oder eine Klangdatei, vergleicht, hat man ein absolut nichtssagendes Ergebnis.
Wieder an meinem Beispiel:
Der HP-2 ist ein sehr geiler Hörer, nachdem ich eine Woche mit ihm gehört habe, kam mir der Auteur wie ein Plastikbecher vor, allerdings war diese Wahrnehmung schnell rum, einfach, weil mein Hirn beide Hörer nun kennt, und zum Umstellen nicht mehr lange braucht.
Aber belassen wir es dabei, ich finde nur immer wieder die Verweise auf Messungen unnötig - der Adi2 ist auch gemessen Top of the Art, dennoch würde ich ihn nie mehr haben wollen, so what?
Im Bereich Schallwandler finde ich Messungen immer als einen guten Anhaltspunkt. Wenn bei der Messung rauskommt, dass das Gerät nur minimalen Bass hat oder einen extremen Höhenpeak, dann weiß ich für mich, ich muss mich mit dem Teil gar nicht näher befassen, das sagt mir die Erfahrung mit Geräten ähnlicher Messkurven, davon hat mir noch keines gefallen. Da fallen dann aber bei mir wirklich nur extreme raus.
Bei allen anderen Geräten sind - für mich und aus rein physikalischer oder technischer Sicht - Messungen meist schon sehr aussagekräftig. Weil der Verstärker oder DAC mit nicht linearem Frequenzgang dann einfach nicht in Frage kommt, wenn die Verzerrungen im hörbaren Bereich sind oder der Rauschabstand zu gering ist. Und ansonsten bleiben einfach nur Blindtests um Verstärker und DACs und ähnliche Geräte abseits des eigentlichen Schallwandlers objektiv zu beurteilen, weil bei jeglichem nicht-Blindtest immer das Gehirn zwischenfunkt.
Ein Gehör ist so komplex, das ein hinzuziehen von "Geräten" zum Argumentieren, das sich dieses und jenes gleicht beinahe schon absurd ist
Aber natürlich ist jeder Mensch anders, mein Schwiegervater ist so ein Typ, wenn der Bundeskanzler heute anordnen würde, man MÜSSE in roter Unterwäsche schlafen, dann würde er das machen, ohne es zu hinterfragen, schließlich hat es der Bundeskanzler angeordnet
Das ist eben das übliche Thema, im Hifi Forum stöbere ich gerade in dem Bereich. Da findet man schon herrliche Dinge, die dann mit "aber man hört es doch" herbei geredet werden, obwohl die dahinter liegende Technik einfach keinen Klangunterschied erlaubt, es geht manchmal einfach nicht.
Da ging es z.B. um "audiophile" Netzwerkswitche und passende Kabel, in deutlich vierstelligen Bereichen. Ein 2000 € Switch war dann im Endeffekt nur ein umgelabelter D-Link für 30 €, wo man brav alle relevanten Teile vergossen hatte, damit ja niemand nachvollziehen konnte, dass da nix dran gemacht wurde außer vorne ein neues Label dran zu pappen. Weil einfach bei der zugrundeliegenden Technik ein Einfluss von Störsignalen konzeptionell gar nicht möglich ist. Das ist so, als ob eine CD anders klingen soll, je nachdem ob sie mit DHL oder Hermes geliefert wurde. Das würde auch niemand glauben.
In den Bereichen wo jemand da sagt "aber ich höre es doch" obwohl alle Messwerte und alle technischen Erklärungen das verneinen, schlägt eben die Psychoakustik und Auto-Suggestion voll zu.
Jedem sei gegönnt, soviel Geld zu investieren wie derjenige mag. Schließlich muss man sich damit wohlfühlen und im Endeffekt nur vor sich selbst verantworten.
Edit:
Und ein "mir gefällt es besser", wie auch immer das entstanden ist, ist im Zweifel ein guter Grund - das will ich nicht abstreiten. Auch wenn die technische Seite sagt, ALAC/FLAC ist auf jeden Fall technisch besser als MQA kann das MQA ja einer Person trotzdem besser gefallen. Ein Transistorverstärker ist einem Röhrenverstärker technisch auch überlegen und trotzdem gefällt einigen Leuten der Klang eines Röhrenverstärkers besser. Man muss dann aber so ehrlich sein und sich eingestehen, dass das, was einem besser gefällt, nicht mehr unbedingt das ist, was der Künstler produziert hat.