Deutscher Aktivist wirft Israel "Kriegsverbrechen" vor
Nach ihrer Freilassung haben fünf deutsche Gaza-Aktivisten schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. Der ehemalige Linke-Abgeordnete Norman Paech sprach von einem "Kriegsverbrechen" seitens der Israelis. Das Schicksal der sechs weiteren noch vermissten Deutschen ist unklar.
Die Bundestags-Abgeordnete Inge Höger von der Linkspartei beschrieb die gewaltsame Aktion des israelischen Militärs gegen einen internationalen Schiffskonvoi mit den Worten: "Wir haben uns wie im Krieg gefühlt." Ihre Kollegin Annette Groth sprach von einem "barbarischen Akt". Beide äußerten die Vermutung, dass mehr Menschen getötet wurden als die offiziell neun Toten.
16 Stunden in Gefangenschaft
Höger und Groth gehörten zu einer Gruppe von deutschen Gaza-Aktivisten, die mit einer "Solidaritätsflotte" Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen wollten. Die Schiffe wurden in der Nacht zum Montag von israelischen Elite-Soldaten gestoppt. Erst nach 16-stündiger Gefangenschaft kamen die Abgeordneten frei. Höger äußerte die Vermutung, dass bei der Kommandoaktion bis zu 19 Menschen starben. Mehr als 600 Gaza-Unterstützer wurden von den israelischen Behörden inhaftiert.
"Wir sind unter die Räuber gefallen"
Die beiden Abgeordneten waren am Dienstagabend im israelischen Hafen Aschdod freigelassen worden, nachdem die deutsche Botschaft zu ihren Gunsten interveniert hatte. Zusammen mit ihnen kamen drei weitere Bundesbürger frei, darunter der ehemalige Linke-Abgeordnete Norman Paech. Paech hielt Israel sogar ein "Kriegsverbrechen" vor. "Wir sind unter die Räuber gefallen. Das war ein Akt der Piraterie", sagte der Linke-Politiker. "Wir haben mit allem gerechnet, aber nicht mit dieser Brutalität."
Schicksal der übrigen sechs Deutschen ungewiss
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist das Schicksal von sechs anderen Bundesbürgern noch ungeklärt. Vermutet wurde, dass die meisten von den Israelis in ein Gefängnis nach Ber Sheva gebracht wurden. Darunter sind auch Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Die Bundesregierung hatte bereits am Montag von Israel "schnellstmögliche Aufklärung" über das Schicksal der Bundesbürger verlangt.
Paech: Keine Äxte oder Eisenstangen bemerkt
Nach Darstellung der deutschen Aktivisten begann der Überfall des israelischen Elitekommandos gegen 4.30 Uhr. Schlauchboote näherten sich dem Schiff "Mavi Marmara". Die Soldaten seien maskiert und schwer bewaffnet gewesen. Die Linke-Politiker wehrten sich gegen Vorwürfe, dass auch die Aktivisten Gewalt angewandt hätten. Paech sagte: "Ich habe zweieinhalb Holzstangen gesehen, die benutzt wurden." Von Äxten oder Eisenstangen, die angeblich gegen israelische Soldaten eingesetzt wurden, habe er nichts bemerkt.
Linke verlangt Aufklärung
Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch verlangte: "Wir fordern, dass dieses Verbrechen aufgeklärt wird." Zugleich müsse sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Blockade des Gaza-Streifens endlich aufgehoben werde. SPD und Grüne verlangten ebenfalls die sofortige Freilassung aller Inhaftierten und eine unabhängige internationale Untersuchung.