Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es sicherlich Vorteile. Zum einen fällt das Aufrüsten flach, dh User die bisher zwischendurch nur mal die CPU oder das MB ausgetauscht haben, kaufen jetzt einfach eine komplett neue Einheit. Insgesamt wird also vllt mehr konsumiert. Das ist gut für die Quartalszahlen und sollte zumindest eine gewisse Beschäftigung in der Branche sichern. Allerdings wird der Erfolg vom Preis abhängig sein. So lange die Preise moderat bis niedrig sind, hätte ich erst einmal nichts daran auszusetzen. Unter Umständen überlegt man sich aber auch eher, ob der Neukauf nötig ist. Eventuell warten die User noch länger mit dem Kauf? Aufrüsten war ja schon immer das Hinauszögern des Neukaufs und das Ausreizen des Systems, bis eben ein Umstieg lohnenswert oder unverzichtbar geworden war. Das würde nun wegfallen.
Allerdings stellt sich die Frage, wie groß der Anteil der Aufrüster und Bastler jemals war im Vgl zu den Usern, die notgedrungen diese Option wahrgenommen haben. Der Grund, warum mobile Geräte so beliebt geworden sind ist unter anderem auch, dass die fertige Konfiguration in der Regel problemlos arbeitet, relativ gut aufeinander abgestimmt ist und man sich quasi Null damit befassen muss. Man kann einfach kaufen. Ist bei Komplett-Rechnern ja auch so. Nur bringen letzere auch Nachteile mit sich. Ich könnte mir vorstellen, dass viele die neue Entwicklung einfach akzeptieren werden, da der Verbau jetzt nochmal um einen Schritt einfacher wird. Ich kenne genug Leute, die beim Zusammenbau ins Schwitzen kommen. Für die ist das ne schöne Sache, eine Komponente weniger zu haben. Muss nur noch RAM, Kühler, Laufwerke und eventuell eine PCI Karte rein - und selbst die fällt für den Home-User weg, da die MBs und CPUs mittlerweile genug Anschlussmöglichkeiten/Leistung mitbringen für den sporadischen Zocker oder 7.1-HD-Pseudo-Fanatiker.
Ich sehe nun eigentlich zwei Möglichkeiten wie es weiter geht. Man steigt komplett auf BGA um und schränkt auf den ersten Blick die Auswahl ein. Das aber auch nur, sofern die CPU-Hersteller die Auswahl einschränken möchten. Rein theoretisch könnte man die Auswahl nach wie vor ähnlich groß halten. Oder aber man haut nur noch Standardmodelle raus mit denen sich alle zufrieden geben müssen. Beides ist grundsätzlich möglich.
Die andere Option wäre, BGA und LGA (deutlich teurer) parallel laufen zu lassen, um die Enthusiasten weiter zu melken, aber den Otto zum regelmäßigen Kauf zu animieren. So oder so - es wird Geld bringen und (hoffentlich) Arbeitsplätze sichern. Das eine oder andere Unternehmen wird aber vermutlich geschluckt und meine größte Befürchtung ist eher, dass sich qualitativ schlechtere Hersteller dank Massenproduktionskapazitäten stärker durchsetzen werden als kleinere, aber hochwertigere Manufakturen.
Hardware-Defekte werden auf jeden Fall schneller zum Neukauf führen. Das ist der Punkt, der mich am meisten ärgert. 65% meiner Hardware-Probleme sind defekte Mainboards. Etwa 20% Festplatte, ca 12% verteilt sich auf RAM und GPU und grade mal 3% macht die CPU aus. Mit BGA werde ich also höchstwahrscheinlich zu 65% eine intakte CPU wegschmeißen.
Dennoch: was bringt die Umstellung für Vorteile mit sich? Das Argument, dass man in naher Zukunft sowieso alle 1-2 Jahre neu kauft und somit das Aufrüsten aufgrund der schnellen Entwicklung sowieso falch fällt aufgrund der Kompatibilität ist für mich einleuchtend, wenn auch ein bisschen konstruiert. Aus meiner Sicht sieht das eher nach einer Maßnahme aus, die dazu dienen soll, mehr Geld in die Kassen zu spülen.
Hardware-Entwicklung ftw, aber eigentlich würde ich mich viel mehr darüber freuen, wenn man sich mal mehr Gedanken zum Thema Wiederverwertung und Ressourcenschonung machen würde, anstatt darüber wie man die Leute noch mehr zum Konsum animieren kann.