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2022 sind 4 GB nicht mehr zeitgemäß

2x Radeon RX 6500 XT von Gigabyte im Test - Fazit

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Womöglich zeigt der Test der Radeon RX 6500 XT am besten, woran der Grafikkarten-Markt aktuell krankt. In nahezu allen vorherigen Generationen wäre es undenkbar gewesen, eine Karte auf den Markt zu bringen, die nicht einmal mit dem eigenen Vorgänger mithalten kann. Eine Radeon RX 5500 XT schlägt die neue Radeon RX 6500 XT? Da kann doch was nicht stimmen und das dachten wir uns zunächst auch.

Aber nach eingängiger Prüfung aller Werte können wir sagen: Die erste Neuvorstellung des Jahres 2022 unterbietet sogar noch unsere schlimmsten Befürchtungen. Man muss in den Benchmark-Diagrammen ausnahmslos bis ganz nach unten scrollen, um die beiden Modellen der Radeon RX 6500 XT zu finden. Dort kämpfen sie mit einer GeForce GTX 1650 um die Plätze – einer Karte die im April 2019 vorgestellt wurde. Wir fühlen uns fast drei Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Mit der GeForce RTX 1650 kämpft die Radeon RX 6500 XT, weil sich NVIDIA damals ebenfalls für einen Speicherausbau von 4 GB entschieden hat. Eine GeForce RTX 1660 Ti läuft läuft der AMD-Neuvorstellung in GPU- und Speicherausbau (in diesem Fall 6 GB) davon.

Dabei bietet die RDNA-2-Architektur alle Voraussetzungen, um eine gute Grafikkarte für das 1080p-Gaming zu entwickeln. Hinsichtlich des Shaderausbaus reichen die 1.024 Einheiten auch aus, aber die Kombination mit nur 4 GB sind für eine Grafikkarte im Jahr 2022 einfach ein KO-Kriterium, dass man sich nicht schönreden kann. Über die vergangenen 18 Monate hatte AMD die Deutungshoheit bezüglich des Speicherausbaus gegenüber NVIDIA – dies alles wirft man nun über Bord. Und die Situation für die Radeon RX 6500 XT wird vermutlich auch nicht besser werden, denn laut AMD wird es keine Modelle mit 8 GB Grafikspeicher geben. Offenbar hat man dies seinen Boardpartnern untersagt.

Die Raytracing-Leistung haben wir komplett außen vorgelassen. Die Rohleistung reicht mit höheren Qualitätseinstellungen schon kaum aus, mit den teilweise sehr aufwändigen Raytracing-Effekten verschlimmert sich diese Situation nur weiter. Das DSR kann hier teilweise einen Ausgleich schaffen, eine "Raytracing-Karte" wird die Radeon RX 6500 XT aber nicht werden.

Mit einer Radeon RX 6500 XT bewegen wir uns am unteren Spektrum dessen, was aktuell noch als Grafikkarte vorgestellt werden sollte. Und dies auch nur, wenn der Preis stimmt und es ausreichende Stückzahlen gibt. Doch hier droht weiteres Ungemach, denn auch wenn AMD eine offizielle Preisempfehlung von 209 Euro ausgerufen hat, mindestens 300 Euro werden die Karten bereits zu den Herstellervorgaben kosten. In der aktuellen Situation kommt aber noch eine unglaubliche Nachfrage hinzu und so werden die Karten preislich teilweise noch einmal darüber liegen. Das Preis/Leistungsverhältnis darf als katastrophal bezeichnet werden. Eine Radeon RX 5500 mit 4 GB sollte damals 190 Euro kosten.

Gigabyte als Hersteller der von uns getesteten Modelle muss sich keinerlei Vorwürfe machen. Allenfalls die Dimensionen einer Gigabyte Radeon RX 6500 XT Gaming hätten es nicht unbedingt sein müssen, denn eine solche Karte lässt sich kompakt bauen und auch dann noch gut kühlen. Dies zeigt man ja auch mit dem Eagle-Modell. Niedrige Temperaturen, geringe Lautstärke, ein semipassiver Betrieb – damit zeigt Gigabyte die Stärken des kleinen und sparsamen Chips. Auf der anderen Seite muss man mit dem umgehen, was einem als Basis geboten wird und so kommt Gigabyte nicht umher, sich den nur 4 GB großen Grafikspeicher und das schlechte Preis/Leistungsverhältnis ankreiden zu lassen.

Noch einmal: In 2022 eine günstige 1080p-Karte auf den Markt zu bringen, ist kein falscher Ansatz. Die Karte dann aber über einen zu kleinen Grafikspeicher derart zu beschränken, diesen Vorwurf muss sich AMD gefallen lassen. Am Ende stimmt auch die preisliche Gestaltung nicht mit der gebotenen Leistung überein und so ist die Radeon RX 6500 XT allenfalls als Notnagel zu sehen.

Ohne die aktuelle Halbleiterkriese und Knappheit bei den Grafikkarten hätte es eine Karte wie die Radeon RX 6500 XT sicherlich nicht gegeben. Ob eine 720p-Karte für 300 Euro das neue "Normal" werden wird, wird die nächste GPU-Generation zeigen.

Positive Aspekte der Radeon RX 6500 von Gigabyte:

  • geringe Leistungsaufnahme
  • niedrige Last-Lautstärke
  • geringe Temperaturen

Negative Aspekte der Radeon RX 6500 von Gigabyte:

  • nur 4 GB Grafikspeicher
  • mit PCI-Express 3.0 zu langsame Anbindung
  • schlechtes Preis/Leistungsverhältnis