Die offizielle Vorstellung der Radeon R300 und Radeon Fury Grafikkarten-Serien in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war nun leider etwas mager in Bezug auf detaillierte Informationen – jene tröpfeln derzeit nach und nach inoffiziell herein, was dann Thema späterer News-Beiträge sein wird. Allerdings hat AMD eine ganz vernünftige Show abgeliefert – und vor allem den Punkt erreicht, das man drüber spricht. Dies dürfte insgesamt nur positive Auswirkungen auf AMDs Standing bei den Gamern haben, wo ehrlicher- (aber fälschlicher-)weise vielerorts Grafikkarten einfach nur mit "GeForce" gleichgesetzt werden. Wie schon oft an dieser Stelle betont (und in jedem Betriebswirtschafts-Buch nachzuschlagen), wird ein starkes AMD jedoch als Gegenpol zu nVidia (und Intel im Prozessoren-Markt) benötigt, denn Monopole werden keinem wirklich gefallen, wenn sie einmal etabliert sind.
Trotzdem muß Kritik an der Entscheidung pro nur 4 GB HBM1-Speicher bei der Radeon R9 Fury /X erlaubt sein: AMD ist in den letzten Jahren beim Grafikkartenspeicher-Ausbau immer vorneweg gegangen, brachte Ende 2011 die Radeon HD 7970 mit 3 GB und Ende 2013 die Radeon R9 290X mit 4 GB. Beide diese früheren AMD-Grafikkarten kamen im übrigen zu einem Preispunkt von 549 Dollar daher, ergo preislich und auch von der Einordnung im Performance-Spektrum her niedriger angesetzt als nun die Radeon R9 Fury X zu einem Listenpreis von 649 Dollar und dem Ziel, sich bezüglich der Performance mit GeForce GTX 980 Ti & Titan X anzulegen. Gerade angesichts dessen, was die neue Konsolen-Generation an neuen Hardware-Anforderungen mit sich gebracht hat und dem Sturm des PC-Gamings in Richtung 4K/5K-Auflösungen sind 4 GB Grafikkartenspeicher für eine Enthusiasten-Grafikkarte des Sommers 2015 einfach zu kurz gesprungen – 8 GB müssen nicht zwingend sein, aber 6 GB wäre eigentlich das Minimum für eine solche Karte.
Jetzt ist daran natürlich nichts mehr zu ändern, aber AMD hätte diese Problematik bereits in der Design-Phase realisieren und dann umgehend beachten sollen. Man wird sehen müssen, wo dann die Speicher-Limits der Fury-Grafikkarten liegen, sprich wo deren 4 GB Speicher irgendwann ausgeschöpft wird. Als CrossFire-Lösung beispielsweise sind die Fury-Grafikkarten somit wenig geeignet, weil sich dort viel einfacher Situationen finden lassen, wo mehr als 4 GB Speicher (zugunsten einer wirklichen Ausnutzung der Rechenkraft mehrerer Grafikchips) benötigt werden. Dassselbe Schicksal dürfte dann auch die für den Herbst angesetzte DualChip-Grafikkarte auf Fiji-Basis ereilen, welch WCCF Tech im Platinen-Foto zeigen: Zwar eigentlich sehr interessant wegen des auch hier Fury-typisch kompakten Designs, aber rein praktisch als CrossFire-Lösung zu stark an der Speicherlimitierung der Fury-Serie hängend. AMDs Idee, mittels "Explicit Multiadapter Rendering" unter DirectX 12 den Speicher einer MultiChip-Lösung glatt addieren zu können, ist viel zu sehr Zukunftsmusik, um die Situation zu Lebzeiten des Fiji-Chips noch retten zu können.
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Nach diesen Kritikpunkten gab es aber auch viel Lob für AMD für die Vorstellung der Radeon R9 Nano, der effizienz-optimierten Kompakt-Lösung auf Fiji-Basis. Hierbei wird AMD den Fiji-Chip auf diesen Taktraten laufen lassen, bei welchen das Performance/Stromverbrauchs-Verhältnis am besten ist – derzeit schätzt man dies auf vielleicht 150 Watt ein. Die Performance wird vielleicht nur wenig höher als bei der Radeon R9 290X oder 390X liegen, aber der Verbrauch der Karte bleibt im absoluten Rahmen selbst für Netzteile der 400-Watt-Klasse. Die Fury R9 Nano ist in jedem Fall der heimliche Star der ganzen AMD-Ankündigungsshow gewesen und es wird interessant sein, wie sich dieses Produkt dann am Markt schlägt. nVidia könnte durchaus versucht sein, ähnliches auf die Beine zu stellen – gerade der GM204-Chip ist schon ein ziemliches Effizienzwunder, welches man mit etwas Feinjustizierung in die gleiche Richtung wie die Radeon R9 Nano tweaken könnte.