So, dann mach ich doch mal ein kleines Erfahrungstagebuch von meinem ersten Köpfversuch.
1. Material:
Was man meiner Meinung alles benötigt:
a) Liquid Ultra nebst beiliegender Pinsel (Bin kein Freund der "Quetsch-Methode")
b) Isoprop, 70%mind.
c) Schraubstock (inkl. Backenschutz, ist bequem). Meiner ist ein "Feinmechaniker-Schraubstock" von Proxxon, gekauft bei Conrad. Der hat zusätzlich noch Gummilippen, die man bei Bedarf abmachen kann.
Der Typ beim Conrad hat ein wenig sparsam geguckt, als er mir den "Feinmechaniker-Schraubstock" gezeigt hat und ich nur meinte "schade, haben sie auch einen für Fachinformatiker?"
Fand er wohl nicht so witzig, hat dazu nichts gesagt und mich nur doof angeschaut. Naja, bin dann halt schämend mit den Worten "Ok, ich nehm den dann trotzdem" zur Kasse gedackelt.
d) Zewas o.ä. Reinigungstücher
e) Plasti Dip Flüssigisolation nebst neuen, dünnen Pinseln.
f) Hammer
g) Kantholz, "weich". Sollte man ein wenig eindrücken können mit den Fingernägeln. Front sollte mind. so breit wie der Prozessor sein und genug Fläche für ein paar Präzise Hammerschläge bieten.
h) Schraubendreher, Schlitz, fein (Zum Reinigen des Heatspreaders und Fixieren vom Prozessor am Ende)
i) Etwas längere Fingernägel sind von Vorteil
j) Zeit. Die Isopaste braucht 10 Minuten zum Anstrich, 60 Minuten zum Trocknen. Die Reinigung der CPU dauert auch ca 20 min. Insg. muss man als motorisch Unfähiger ca 2 Stunden einplanen (vor dem Rechner in Betrieb nehmen).
k) Plastiktüte
l) Ein wenig Mut. Wenns mit Mut nicht Klappt: Whiskey.
2. Vorbereitung:
Wie man auf dem Bild sehen kann, habe ich mir alles zurecht gelegt, den Schraubstock montiert und leicht Schräg angewinkelt um den Prozi besser zu treffen. Keine Ahnung ob das eine gute Idee war, ich habe auf einen natürlichen Hebel und freie Bahn gesetzt.
Den Prozessor und den Kühler dann mit Isoprop gereinigt und den Prozessor eingespannt. Hierbei an das Foto vom Batch denken, vergisst man gerne
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Malay, L310B378 e4
Dabei darauf achten: Wir wollen die Widerstände schützen, indem wir auf die abgewandte Seite Knüppeln. Ich bin Rechtshänder, also kommen die Widerstände auf der Unterseite nach links vom Die.
Dem Bild könnt ihr entnehmen, worauf man dabei achten sollte. Auf der Oberseite könnt ihr euch Wunderbar an den beiden Haltemarken orientieren, dann nur noch Flippen und einspannen.
Schwarz: Prozessorkern
Rot: Widerstände
Gold: Schlagseite
Eingespannt wird er übrigens oberhalb von den Haltepunkten für den Sockel, also die "Flügel", so dass ein Großteil des Headspreaders Kontakt zu den Schraubstockbacken hat. Hierbei nicht die Gummilippen nutzen, damit der Spreader starrer eingespannt ist.
Da ich keine Lust hatte, dass mein Prozi durch den halben Raum fliegt, habe ich noch eine Plastiktüte auf die andere Seite
3. Durchführung Köpfen/Reinigung
Jetzt kommt der Whiskey ins Spiel. Ich hatte auf jedenfall tierischen Respekt davor ne 300€ CPU Garantielos zu machen und mit nem Hammer vorzukloppen.
Wenn man dann genug Ruhe hat: Kantholz an der Seite ansetzen und rantasten. Die oft gelesenen 3-4 Schläge und fertig mögen zwar Stimmen, aber nur wenn man ein Gefühl dafür hat. Ich habe mich krafttechnisch langsam rangetastet und habe mich dann doch ein wenig gewundert wie stark man draufhauen muss, damit das Teil abgeht. Es ist aber nie so, dass man die Kontrolle verliert. Das haptische Feedback vom Prozessor/Kantholz funktioniert sogar für mich als Körperklaus.
Dementsprechend ist der Kern dann auch nach hinten weggeflogen. Auffangzonen-Tüte hat sich gelohnt!
Danach dann mit Isoprop und vorsicht an den Kern ran zur Reinigung. Den Silikon-Rand habe ich natürlich auch probiert wegzurubbeln. Kannste knicken mit Isoprop! Also mit Fingernagel ran. Stabil genug um Silikon zu vernichten, Harmlos genug um das PCB nicht zu verletzen. In den Ecken vom Heatspreader kommt man nur ganz mies mit längeren Nägeln ran, da hab ich dann den Schlitzschraubendreher dazugenommen. Auf dem Prozessor natürlich ein No-Go.
Nach dem Entfernen die nächste Reinigung mit Isoprop.
4. Durchführung Isolierung
Da wir nachher mit Flüssigmetall arbeiten wollen, gilt es die Widerstände zu isolieren. Dazu die Plasti-Dip Flüssigisolation. Bitte dran denken: 93°C Temperaturbeständig! 7° weniger als das Max. vom Haswell.
Ich habe den Prozessorkern wieder in den Schraubstock eingespannt, um ihn fixiert zu halten. Diesmal aber mit den Gummilippen auf den Backen.
Kleinen Pinsel einmal kurz gedippt, vorsichtig über die Widerstände "gemalt" und von der Seite vom Prozessor mit dem Auge geprüft, dass die Isolation nicht höher als der Prozessorkern aufliegt. Die Masse lässt sich super verteilen, hat quasi die Konsistenz von Jogurt.
Laut Anleitung heisst es jetzt 10 Minuten bis die nächste Schicht drauf kann, 60 Minuten bis zur Trocknung.
Nach 5 Minuten habe ich aber schon gesehen, dass ein wenig Metall noch durchscheint. Also nachher noch eine weitere Schicht drauf. Damit war aber alles in Ordnung. Also ab in die Trockenkammer (Einfach nur vor Staub und Co durch Zirkulation schützen in der nächsten Stunde, also in den Schrank gelegt).
5. Liquid Metal und Einsetzen
Ich alter Paranoider: Nochmal kurz den Kern mit Isoprop gereinigt.
Nach der Trocknung dann das Flüssigmetall. Die Liquid Ultra kommt mit zwei kleinen Pinseln, einen davon bereithalten und mit der Wärmeleitspritze ein wenig (Schwer zu sagen, ich würd sagen ca 1/3 Reiskorn) auf den Prozessorkern. Jetzt vorsichtig verteilen.
Am Ende habe ich neben der großen Fläche noch ein paar...Flüssigmetallberge, die ich mit dem Pinsel wieder abgetragen habe.
Dann den Kern wieder ins Mainboard. Wir wollen den Heatspreader nicht verkleben, sondern nur über den Sockel fixieren. Wichtig dabei: Beim Festziehen vom Sockel wird der Spreader verrutschen, wenn man nicht gegensteuert. Ich habe dafür den Schlitzi wieder genommen und den Prozessor fixiert.
Der Rest sollte dann für alle Routine sein. Für den Prozessor habe ich nochmal nen halbes Reiskorn Liquid Ultra genommen und vorsichtig verstrichen, Rest wieder über den Pinsel aufgenommen. Meinen Kühler (Megahalems) mit zwei Lüffis montiert und aufgestellt.
Die beiden Pinsel in Isoprop eingelegt und zur Seite gestellt. Danach dann erstmal nen paar Runden Prime.
6. Fazit
Ich machs mal kurz: Es ist einfacher als man denkt, dauert beim ersten mal länger als man denkt (hatte mich auf so ca 40 min eingestellt, nicht 2 Stunden), ist recht risikoarm, aber mit Kosten verbunden (Schraubstock: 20-35€, PlastiDip: 20€).
Bei meinem Prozi ist die Temperatur von 88° auf 73° bei 4,5GHz gesunken. ABER: wo ich vorher 1,164V (CPU-Z) gebraucht habe, benötigt der kleine nun 1,176V. Das soll aber ein anderes Problem sein. Ich tippe mal auf LLC/Temperaturproblematik. Jetzt habe ich aber vor allem wieder ein wenig Luft nach oben.
Mein Fazit ist also positiv. Schöner Samstag Nachmittagsvertreib!
Wenn ihr noch fragen oder Anmerkungen habt, dann mal los. Ich werd die Tage dann mal das Maximum von meinem kleinen unter Luft ausprobieren.
Nachtrag:
Auch wenn das Ergebniss ein Erfolg für Temperatur und mich selbst war, so bin mir noch nicht ganz sicher, ob die Paste die beste Idee war. Die isolierten Widerstände könnten dafür sorgen, dass keine höheren Voltzahlen mehr anliegen können. Ohne Paste traue ich aber der Liquid Ultra nicht, was Transport vom System angeht. Weitere Tests von Nöten!