Ich erlaube mir meiner Nickname Unterschrift mal wieder Ehre zu machen, wenn schon nach mir gerufen wird
Zum Thema Kill-Coils: Die elektrochemische Spannungsreihe sagt euch was - oder? Bringe ich Silber und Kupfer über einen Elektrolyten wie Wasser in Kontakt, so korrodiert das edlere Metall das unedlere. Selbst Aqua dest. leitet minimal durch die unvermeidliche Autoprotolyse und später durch gelöste Ionen erst recht.
Im Falle von Silber und Kupfer im Kreislauf werden sich also nicht überwiegend Silberionen im Wasser lösen sondern Kupfer-Ionen - und das in höherem Maße als sie es durch den eigenen Dampfdruck sowieso tun. Wenn dort also Metallionen als Biozid wirken, so sind es im Wesentlichen die Kupferionen. Das Silber selbst hat keinen Grund in nennenswertem Umfang Ionen abzugeben. Mit Silber-Killcoils erreicht man also eher eine Biozidwirkung durch Kupfer. Das Silber dient dabei nur als Partner, um das Kupfer langsam zu korrodieren.
In meinen Augen ist das eine ziemlich unnötige Spielerei. In einem Wakü Kreislauf sind immer verschiedene Metalle anwesend und nach kürzester Zeit ist das destillierte Wasser so oder so durch Metallionen leitfähig und alle sind eher ungesund für Mikroorganismen - sofern denn überhaupt welche anwesend sind. Langsame Korrosionsprozesse wie man sie absichtlich durch Silber kill-coils provoziert, hat man also auch so, und selbst das Zinn aus den Lötnähten des Radiators hat einen Biozidwirkung.
Man sollte sich aber sinnvoller Weise mal die Frage stellen, wozu man ein Biozid in einer Wakü denn nun überhaupt brauchen sollte? Bakterien oder Algen entstehen nicht aus dem Nichts! Dass Algen oder Bakterien wie von Geisterhand überall dort "entstehen", wo man ihnen günstige (oder auch ungünstige) Lebensbedingungen zubilligt, scheint mir ein immer noch verbreiteter Irrglaube mittelalterlicher Prägung zu sein. Dem ist nicht so - wo nichts ist kann sich auch nichts vermehren und wo etwas ist, braucht es zur Vermerhung noch etwas mehr als nur Licht, Wärme und Wasser.
Mir ist aus langjähriger Wakü-Erfahrung lediglich ein nachgewiesener Fall von Algen in einem geschlossenen Wakü Kreislauf bekannt geworden. Bei Bakterien wären vllt. Cyanobakterien (auch Blaualgen genannt) evtl. in der Lage in einem geschlossen Wakü Kreislauf eine Zeit lang zu überleben, aber auch diese scheitern letztendlich daran, dass es in einer Wakü keine Nährstoffe und insgesamt doch eher unwirtliche Bedingungen für sie gibt. Von Licht allein leben weder Bakterien noch Algen - und das allerwichtigste: sie müssen wie gesagt erst mal da sein. Wo keine Algen oder Bakterien sind können sie sich auch nicht vermehren - und schon gar nicht unter derart ungünstigen Bedingungen wie in einer Wasserkühlung (auch bei moderaten Temperaturen).
Das meiste was einem an grünen, blauen, sonstwie gefärbten oder schleimigen Rückstände in in Waküs begegnet, hat schlicht und einfach nichts mit biologischer Aktivität zu tun sondern geht auf Korrosion und Zersetzung organischer Werkstoffe wie den Weichmachern aus dem PVC der Schläuchen oder auf Produktionsrückstände aus schlecht gereinigten Radiatoren zurück. Die Zeiten zu denen man zurecht einen starke Biozidwirkstoff für Waküs forderte sind spätestens mit dem Verschwinden offener Kreisläufe vor vielen Jahren gegenstandslos geworden. Die extrem seltenen Fälle wo es irgendwelchen Schmutzfinken gelingt ihren geschlossenen Wakü Kreislauf so unhygienisch zusammen zu bauen, dass zum einen Algen oder Bakterien eingeschleppt werden und zum andern auch noch eine brauchbare Nähstoffgrundlage für sie bereitsteht, kann man an einzelnen Fingern einer Hand abzählen. Unhygienische Arbeitsweise und schlechte Reinigung der Komponenten vor dem Einbau sind die einzigen Möglichkeit für Algen und Bakterien in ein Wakü Kreislauf zu gelangen (Aqua dest. ist keimfrei). Zudem müssten es dann auch noch gerade solche Keime sein, die mit den gegebenen Bedingungen prinzipiell klar kommen könnten. Wenn dann auch noch Nährstoffe vorzufinden sind, um sich zu vermehren, ist ein echter Schmutzfink am Werk gewesen. So einfach ist das
.
Nun kommt natürlich zwangsläufig noch die Frage nachdem Glykol in beliebten Korrosionsschutzmitteln. Deren Biozid-Wirkung ist unbestritten - aber im Regelfall genauso sinnlos wie die absichtliche Erhöhung der Kupferionen Konzentration im Wasser durch kill-coils aus Silber, oder die Einbringung anderer Metallionen, solange der Kreislauf sauber und nahezu keimfrei ist und auch keine Nährstoffe enthält. 100%ig steril sind Wakü Teile selbstverständlich nie (aber Metalloberflächen nahezu), weshalb man die Biozidwirkung von Glykol z.B. gern als Alibi heranzieht. Dafür würde aber eigentlich auch schon das Argument ziehen, dass viel der Wakü-Komponenten aus Metallen sind die teilweise erhebliche Biozidwirkung besitzen (wie z.B. Kupfer). Der normale Wakü-Nutzer geht aber halt gern "auf Nummer sicher" und schüttet sich lieber etwas dazu was ihm den gewünschten Effekt auch ohne böses Hintergrundwissen verspricht
. Nichts desto trotz hat Glykol im Kühlmittel durchaus seine Berechtigung - aber vor allem aus anderen Gründen
.
Glykol wirkt als Trägerstoff und viskositätssteigerndes Mittel in fast allen wirksamen Korrosionschutzmitteln. Die Biozidwirkung ist allerhöchstens ein verkaufsförderndes Abfallprodukt, denn das Glykol hat vor allem die Aufgabe als Lösungsmittel für die Korrosioninhibitoren zu dienen und im Falle von Kühlerfrostschutzmittel für Autos (G48 und Co.) natürlich auch den Zweck den Gefrierpunkt herabzusetzen. Letzteres ist für eine Wakü freilich irrelevant. Eine weitere Wirkung die häufig belächelt wird, die aber durchaus für eine Wakü, insbesondere für die Pumpenmechanik, Bedeutung hat, ist die Viskositätststeigerung die Glykol mit sich bringt. Die mediengeschmierten Lager der üblichen Wakü-Pumpen profitieren bezüglich ihrer Lebensdauer von einem tragfähigeren Schmiermedium, was durch eine gewisse Glykolkonzentration erreicht werden kann. Meiner eigenen Erfahrung nach profitieren btw insbesondere Laing-Pumpen auch hinsichtlich eines leiseren Laufgeräuschs, wenn Glykol im Wasser ist. Übertreibt man es mit der Konzentration allerdings, machen sich die negativen Begleiterscheinungen erhöhter Viskosität bemerkbar. Im Übrigen ist die Viskosität von Wasser mit Glykolbeimengung auch stark temperaturbhängig, was u. U. zu Durchfluss-Änderungen mit der Temperatur führen kann.
Die Biozid-Wirkung von Glykol ist aber wie gesagt absolut untergeordnet und wird allenfalls als Alibi-Feature genannt. Die negative Wirkung von Glykol bezüglich der Wärmekapazität hält sich bei den Wakü-typischen Mischungsverhältnissen im Bereich 1:25 bis 1:15 extrem in Grenzen und wird nicht zu messbaren Temperaturänderungen führen, wenn die Wakü nicht schon auf dem letzten Loch pfeift oder aus anderen Gründen am Limit ist. Zudem hat Glykol eine verhältnismäßig hohe Wärmekapazität, so dass die Zumischung nur minimalen Einfluss auf die Gesamtwärmekapazität der Mischung hat. Wer hier wirklich messbare Effekte erzielt, hat entweder deutlich zu viel Glykol im Wasser (man denke an die Verrückten die es 1:1 oder 1:2 mischen) oder aber ein anderes Problem im Kreislauf (evtl. auch messtechnischer Art).
Um zu den kill-coils zurück zu kommen: Sie sind effektiv sinnlos.
Auch ohne kill-coils aus Silber wird in einem sauberen Wakü-Kreislauf der nur mit Aqua dest. befüllt ist keinerlei biologische Aktivität stattfinden. Die Kreisläufe von Leuten die auf Korrosionsschutz verzichten beweisen das. Grüne oder blaue Ablagerungen im Kreislauf sind hingegen fast immer Kupfersalze. Braune oder gelbliche Ablagerungen dürften im Regelfall ebenfalls Korrosionsprodukte oder eben organische Rückstände aus Produktionsresten im Radiator oder Weichmacher aus den Schläuchen sein. Wer auf Korrosionsschutz verzichtet muss eben damit leben, dass Korrosionsvorgänge stattfinden - auch in sog. reinen Kupfer-Kreisläufen (die immer mindesten drei versch. Metalle einhalten). Das Einzige was mit Sicherheit in einem solchen Kreislauf stattfindet ist Korrosion, und der leistet Silber im Kreislauf allenfalls Vorschub.
Von daher ist es ein nutzloses aber aufgrund der Unwissenheit und Bildungslücken vieler Leute trotzdem gut vermarktbares Produkt. Wenigstens optisch und von der Exklusivität des Materials her können kill-coils aber überzeugen
Wenn zusätzlich ein wirksamer Korrosionsschutz eingesetzt wird, schaden kill-coils auch nicht und selbst ohne hält sich die korrosionsfördernde Wirkung in Grenzen.
Was das Glykol angeht, so muss man positive und negative Aspekte abwägen. Leider zeigen Korrosionsschutzmittel mit wenig oder gar keinem Glykol als Lösungsmittel erfahrungsgemäß wenig oder gar keine Wirkung, da die Korrosioninhibitoren Inhibitoren offenbar nicht vernünftig verteilt werden oder aber nicht die nötigen Konzentrationen erreicht werden. Daneben geht ohne Glykol der positive Schmiereffekt durch die Viskositätssteigerung verloren.
Zumindest theoretisch negativ, macht sich die minimal gesenkte Wärmekapazität bemerkbar - sauber messbar ist der Effekt bei den empfohlenen Dosierungen jedoch nicht. Das zeigt zumindest die eigene Erfahrung. Das vllt. stärkste Gegenargument, was aber bislang mehr auf Einzelerfahrungen beruht und eng mit der Wahl der Schläuche und deren Zusammensetzung zusammenhängt, ist die Wirkung als Lösungsmittel für Weichmacher aus den Schläuchen. Zusammen mit Rückständen aus schlecht gereinigten oder ungereinigten Radiatoren können sich daraus die lustigsten schleimigen Filme und Ansammlungen im Kreislauf bilden, die dann auch gern für biologische Aktivitäten gehalten werden. Letztendlich ist mir persönlich ein guter Korrosionsschutz aber wichtiger, und wer ein bisschen Erfahrungen mit unterschiedlichen Schläuchen gesammelt hat, weiß auch wo bezüglich Weichmacherverlust wenig zu befürchten ist
.